Literaturland NRW (8): Heinrich Heine aus Düsseldorf – und nicht etwa aus Schilda, Krähwinkel, Polkwitz, Bockum, Dülken, Göttingen oder Schöppenstädt

Literarische Orte in Nordrhein-Westfalen besuchen wir in lockerer Folge: Schauplätze, Wohnorte, Institutionen. Was bisher geschah, findet sich am Ende des Beitrags.

Eingangsbereich des Heinrich-Heine-Instituts in der Bilker Straße in Düsseldorf. Treppauf geht es zu den Räumen der Dauerausstellung. Das Opernglas am Kopf der Seite stammt von Mathilde Heine. Fotos: Bücheratlas

Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zumute.“ Als Heinrich Heine (1797-1856) diese Zeilen schrieb, wohnte er schon längst nicht mehr am Rhein. Doch das änderte nichts an seiner Zuneigung zu der Stadt, in der er aufs Lyzeum im Franziskanerkloster gegangen war und in der er sich in das „rote Sefchen“, die Tochter des Scharfrichters, verliebt hatte. „Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehn.“

Harry Heine erblickte am 13. Dezember 1797 in der Bolkerstraße 53 das Licht des Rheinlands. Er war das erste von vier Kindern des Tuchhändlers Samson Heine und seiner Ehefrau Betty van Geldern. Die Eltern stammten, wie auf einer Informations-Tafel in der Altstadt zu lesen ist, aus bedeutenden jüdischen Familien. Den Vornamen Heinrich nahm Heine erst bei seiner Taufe im Jahre 1825 an. In seinem Geburtshaus ist heute die feine Buchhandlung Müller & Böhm untergebracht, die dort gemeinsam mit dem Verein zur Förderung des Heinrich-Heine-Geburtshauses einen Literaturtreff organisiert. Spuren des ehemaligen Bewohners finden sich hier allerdings nicht mehr.

Haarlocke des Henri Heine als Kind Foto: Bücheratlas

Von denen gibt es umso mehr im nicht weit entfernten Heinrich-Heine-Institut in der Bilker Straße 12-14, das 1970 gegründet worden ist.  Das Haus dient zum einen der Forschung, wozu auf eine Vielzahl von Originalhandschriften zurückgegriffen werden kann. Zum anderen ist es ein Museum, das in seiner Dauerausstellung im ersten Stock alles aufbietet, was man für einen Heine-Grundkurs benötigt.

Treppauf geht es entlang einer Zeitleiste, die mit allen wichtigen Lebensdaten zwischen Rhein und Seine bekannt macht. Von Zimmer zu Zimmer, getrennt von hohen Flügeltüren, bewegt man sich übers Parkett und durch die Chronologie. Das ist die Kapitelfolge: Familie, Aufbruch, Exil (in Paris), Matratzengruft (so Heines Bezeichnung für sein Krankenlager), Nachwelt und Literaturlabor.

Unterwegs blickt der Besucher auf Porträts des Schriftstellers in Öl und Bronze und auf Briefmarken. Sehr persönlich wird es mit der Haarlocke, die von einer blauen Schleife zusammengehalten wird. Dazu gibt es einen erläuternden Zettel von Heines Ehefrau Mathilde: „Cheveux de Henri Heine“. Auch die Gänseschreibfeder im violett ausgeschlagenen Etui wird dem Dichter zugeschrieben. Sie gleicht derjenigen der Heine-Skulptur, die im Innenhof des Instituts auf einer Fensterbank platziert worden ist.  

Kaiserin Elisabeth von Österreich war eine der glühendsten Verehrerinnen des Schriftstellers: „Jedes Wort, jeder Buchstabe, der nur von Heine vorkommt, ist ein Juwel.“ Angenehm eigenwillig ist die durchlauchtige Begründung der Wertschätzung, die in der Ausstellung zitiert wird: „Ich liebe an ihm seine grenzenlose Verachtung der eigenen Menschlichkeiten und die Traurigkeit, mit der ihn die irdischen Dinge erfüllten.“  

Elisabeth unterstützte intensiv das Projekt zur Errichtung eines Denkmals zu seinen Ehren in Düsseldorf.  Doch daraus wurde damals nichts – was durchaus eine Tradition begründete. Denn lange tat sich Düsseldorf schwer mit der Würdigung ihres berühmtesten Sohnes. Das gilt zum einen für die Umbenennung der Universität Düsseldorf in Heinrich-Heine-Universität, über die 20 Jahre lange debattiert worden ist und die dann 1988 in die Tat umgesetzt wurde. Das gilt zum anderen für ein zentrales Denkmal. Nun steht seit 1981 ein Bronze-Monument von Bert Gerresheim auf dem Schwanenmarkt: Es zeigt den gespaltenen Totenschädel des Dichters. Daneben liegt eine Trommel, die an seine revolutionsselige „Doktrin“ erinnert: „Schlage die Trommel und fürchte dich nicht,/ Und küsse die Marketenderin!/ Das ist die ganze Wissenschaft,/ Das ist der Bücher tiefster Sinn.“

Heine-Denkmal von Bert Gerresheim am Schwanenmarkt. Rechts ein Detail mit Bronzetrommel. Fotos: Bücheratlas

Der Besucher wird beim Rundgang in der Bilker Straße keineswegs erdrückt von der Zahl der Exponate oder ermüdet von der Ausführlichkeit der Informationen. So kann er ganz am Ende auch noch das Zitat an der Wand goutieren, das dezent angestrahlt wird: „Es ist nichts aus mir geworden, nichts als ein Dichter.“ Aber was für einer.

Das Heinrich-Heine-Institut unterstützt auf seine Weise den Wunsch des Schriftstellers, dass niemals Zweifel an seinem Geburtsort aufkommen mögen. So verweist er schon in den „Reisebildern“ ausdrücklich auf Düsseldorf: „Für den Fall, dass etwa, nach meinem Tode, sieben Städte – Schilda, Krähwinkel, Polkwitz, Bockum, Dülken, Göttingen und Schöppenstädt – sich um die Ehre streiten, meine Vaterstadt zu sein.“ Keine Frage: Die Ehre liegt ganz bei Düsseldorf. 

Martin Oehlen

Adresse

Heinrich-Heine-Institut, Bilker Straße 12-14, 40213 Düsseldorf.

Geöffnet Di.-Fr. 11-17 Uhr, Sa. 13-17 Uhr, So. 11-17 Uhr.

Wegen der Corona-Krise ist das Institut aktuell geschlossen. Es ist telefonisch erreichbar unter 0211 8995571 .

Ein virtueller Rundgang

ist möglich auf der Homepage des Instituts: http://www.duesseldorf.de/heineinstitut.html

Literaturtipps

Heinrich Heine: „Reisebilder“, Reclam, 688 Seiten, 12,80 Euro.

Heinrich Heine: „Deutschland. Ein Wintermärchen“, Text und Kommentar, Reclam, 124 Seiten, 4,40 Euro.

  • Was bisher geschah

    Heinrich-Böll-Wanderweg in Much (HIER)

    Kölner Orte der Irmgard Keun (HIER)

    Thomas Kling auf der Raketenstation in Hombroich (HIER)

    Bilderbuchmuseum auf Burg Wissem in Troisdorf (HIER)

    Ferdinand Freiligrath und der Rolandsbogen (HIER)

    Der Heinzelmännchen-Brunnen in Köln (HIER)

    Rolf-Dieter Brinkmann in der Engelbertstraße in Köln (HIER)

    Das Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf

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