Ausflug ins Kaiserjahr (6): Die Pfalz von Ingelheim war eine beliebte Raststätte an der Autobahn des Mittelalters

Das „Kaiserjahr“ in Rheinland-Pfalz widmet sich an vielen historischen Orten dem Mittelalter. Im Zentrum steht die Mainzer Ausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere mittelalterliche Stätten. Einige davon stellen wir vor.

Die Kaiserpfalz in Ingelheim wurde mehrfach umgebaut. Das „Heidesheimer Tor“ wurde im Hohen Mittealter zugemauert, um die Burganlage besser zu sichern. Foto: Bücheratlas

Ingelheim

An der „Autobahn des Mittelalters“ befand sich einst die Pfalz zu Ingelheim. Wer als Herrscher im Reich unterwegs war, kehrte dort recht gerne ein. Und wie wir es auf dieser Ausflugs-Tour ins Kaiserjahr schon erfahren haben, waren die Kaiser und Könige immerzu unterwegs. Holger Grewe, Leiter der Forschungsstelle Ingelheim spricht in diesem Zusammenhang gerne von der „ambulanten Herrschaftspraxis“.

Die Pfalz, für die Grewe zuständig ist, geht auf eine Gründung von Karl dem Großen um das Jahr 800 zurück. Sie gilt als besonders gut erforscht. Auch sind die Spuren der großzügigen Anlage innerhalb der Archäologischen Zone eindrucksvoll freigelegt worden. Vor allem die Aula regia, die große Thronhalle aus karolingischer Zeit, und das in staufischer Zeit aus Sicherheitsgründen zugebaute „Heidesheimer Tor“ ragen heraus. Man ahnt unschwer, dass hier der Machtanspruch mit den Mitteln der Architektur zum Ausdruck gebracht werden sollte.

Auch eine Kirche befand sich auf dem Areal. Allerdings wurde für größere Anlässe die 400 Meter entfernte St. Remigiuskirche genutzt. Dabei handelt es sich um eine merowingische Gründung. Als ältestes überliefertes Zeugnis gilt ein Taufbecken aus dem 7. Jahrhundert.

Unter den großen Namen, die mit Ingelheim in Verbindung gebracht werden können, zählt im 10. Jahrhundert auch die aus Byzanz stammende Kaiserin Theophanu. Mit ihrem Ehemann Otto II und zumal mit ihrem Sohn Otto III. ist sie offenbar regelmäßig in Ingelheim gewesen. Die Faszination der Herrscherin erläutert die Archäologin Ramona Kaiser auf einer der Statement-Tafel in der Kaiserpfalz: „Theophanu musste sich in sehr jungen Jahren in einer Welt zurechtfinden, die für sie fremd war und in der sie sich auch optisch abhob. Sie fand und meisterte ihren Weg durch diplomatisches Geschick so gut, dass sie über dieses ihr zunächst fremde Reich bald herrschte, obwohl sie ursprünglich nicht aus kaiserlichem Hause stammte. Das zeugt von außerordentlicher Stärke, Klugheit und Mut.“

Als die Ehe von Theophanu und Otto II geschlossen wurde, war sie 12 Jahre alt und er 17. Ihre prunkvolle Heiratsurkunde – Goldtinte auf Purpurpergament – ist aktuell im Mainzer Landesmuseum zu sehen. Auch dafür lohnt sich die Sonderausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“, von der im ersten Teil unserer Ausflugsreihe ins Kaiserjahr die Rede war.

Martin Oehlen

Die bisherigen Beiträge zum „Kaiserjahr“

1 Mainz mit der Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“. Wer mag, kann den Beitrag HIER nachlesen.

2 Speyer mit Kaiser-Krypta, Judenhof und „Medicus“-Ausstellung – HIER .

3 Burg Trifels, die einst Reichsburg war und von den Nazis in „schöpferischer Denkmalpflege“ gestaltet wurde – HIER .

4 Klosterruine Limburg, wo der fünfte Advent abgeschafft wurde – HIER .  

5 Worms mit berühmter Wandnische, jüdischen Zeugnissen und dem Nibelungenmuseum – HIER .

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