Ausflug ins Kaiserjahr (2): Speyer lockt mit Kaiser-Krypta, Judenhof und „Medicus“-Ausstellung

Das „Kaiserjahr“ in Rheinland-Pfalz widmet sich an vielen historischen Orten dem Mittelalter. Im Zentrum steht die Mainzer Ausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“ (wohin unser erster Ausflug führte). Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere mittelalterliche Stätten. Einige davon wollen wir vorstellen. Heute geht es erst einmal nach Speyer.

Speyer

Dicht an dicht liegen die Herrscher von einst in der romanischen Krypta des Doms zu Speyer. Im Hintergrund, vor der runden Öffnung, der Sarkophag des Salierkaisers Konrad II. mit den drei Eisenringen. Foto: Bücheratlas

Der Sarkophag von Kaiser Konrad II. im Speyrer Dom ist mit drei Eisenbändern umgürtet. Das hat einen guten Grund. Denn als der Herrscher 1039 starb, war der von ihm initiierte romanische Dom noch eine Baustelle. Gleichwohl sollte dies die Stätte seiner Beisetzung sein. Um Grabräubern keine Chance zu geben, wurde der Sarkophag deshalb besonders gesichert. Die Klammern sind noch heute zu sehen.

Konrad befindet sich in nobler Gesellschaft. Denn die größte romanische Hallenkrypta ist die zentrale Grablege des deutschen Mittelalters. Hier finden sich auch die steinernen Särge der Kaiser Heinrich IV., Heinrich V. und Heinrich VI., die der Kaiserinnen Gisela (ihre Grabkrone wird gerade in Mainz ausgestellt), Bertha und Beatrix, zudem die der Könige Philipp von Schwaben, Rudolf von Habsburg (mit ungewöhnlich realistischen Sorgenfalten auf der Stirn), Albrecht von Österreich und Adolf von Nassau. All das in einem Dom, der zum Weltkulturerbe gehört.

Die Öffnungen in der jüdischen „Frauenschul“ machten es möglich, dem Gottesdienst in der angrenzenden Synagoge zu folgen. Die Plastik ganz oben am Kopf der Seite befindet sich ebenfalls im Judenhof. Dargestellt werden die „Weisen von Speyer“, herausragende religiöse Gelehrte des Mittelalters. Fotos: Bücheratlas.

Auf die Ehrenliste der Unesco strebt auch der Judenhof, der in prominenter Nähe zum Dom liegt. Speyer will mit dieser Initiative gemeinsam mit Worms und Mainz an den engen Zusammenhalt der drei jüdischen Gemeinden im Mittelalter erinnern. Schon im kommenden Jahr, so die Hoffnung, soll die Einzigartigkeit mit dem Welterbe-Siegel bestätigt werden.

Als „Wiege des aschkenasischen Judentums“, mit bemerkenswerten architektonischen und intellektuellen Hervorbringungen, werden die sogenannten SchUM-Stätten bezeichnet. Der Begriff setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der hebräischen Städtenamen von Schpira (Speyer), Warmaisa (Worms – hier kommt das U her) und Magenza (Mainz). Zu den sehenswerten mittelalterlichen Relikten in Speyer gehören die Mikwe und die Ostwand der Synagoge. Aus dem 13. Jahrhundert stammt die gotische „Frauenschul“. In diesem Backsteinbau konnten die Frauen der Gemeinde durch sechs „Hörfenster“ dem Gottesdienst in der Synagoge folgen, und durch eine schmale Öffnung wurden  Säuglinge zur Beschneidung gereicht. Der Judenhof, zu dem das Museum SchPIRA gehört, befindet sich in der Kleinen Pfaffengasse 20/21.

Das Warnschild regt an, sich in Acht zu nehmen. Das Exponat findet sich in der „Medicus“-Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz. Foto: Bücheratlas

Das Historische Museum der Pfalz, nur wenige Schritte entfernt von Dom wie Judenhof, ist ebenfalls Teil der Kaiserjahr-Aktivitäten. Nachdem die „Medicus“-Ausstellung wegen der Pandemie geschlossen werden musste, gibt es nun am Domplatz den Neustart mit einigen pandemischen Ergänzungen. Denn wie die Welt in der Vergangenheit mit Krankheiten umgegangen ist, auch mit Seuchen, das ist Kernthema der Ausstellung zur Geschichte der Medizin aus 5000 Jahren. Nun wird zusätzlich auf elf kleinen Gegenwarts-Inseln auf unsere Corona-Krise eingegangen – damit noch der letzte Besucher begreift, wie aktuell die Thematik ist. Auch die Systemrelevanz wird dabei gewürdigt – und eine Goethe-Büste darf einen Mundschutz mit dem einschlägigen Bedeutungs-Hinweis tragen.  

Martin Oehlen

Die Ausstellung „Medicus – Die Macht des Wissens“ läuft bis zum 13, Juni 2021.

Der Katalog zur Ausstellung , hrsg. von Alexander Schubert, Wolfgang Leitmeyer und Sebastian Zanke, erscheint im Verlag wbg Theiss und kostet im Buchhandel 30 Euro.


Weitere Beiträge zum Kaiserjahr
folgen. Schon nachzulesen: Der Artikel über die Ausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“ im Landesmuseum Mainz – HIER

 

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