Das „Kaiserjahr“ in Rheinland-Pfalz widmet sich an vielen historischen Orten dem Mittelalter. Im Zentrum steht die Mainzer Ausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere mittelalterliche Stätten. Einige davon stellen wir vor.
Worms

Kaiserliches Worms. So war es im Mittelalter. Der einstige Glanz springt dem Besucher heute nicht überall ins Auge. Na klar: Da ist vor allem der romanische Dom, im 12. Jahrhundert vollendet. In seinem Schatten wurde das wichtige Wormser Konkordat unterzeichnet. Das Abkommen aus dem Jahre 1122 beendete offiziell den sogenannten Investiturstreit zwischen Kaisertum und Papsttum. Eine frühe Abschrift der kaiserlichen wie der päpstlichen Urkunde, wonach die Einsetzung von Bischöfen und Äbten Sache der Kirche und nicht des Kaisers sei, gehört zur aktuellen Mainzer Ausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“.
Mittlerweile ist allerdings die Wormser Nische populärer als das Wormser Konkordat. Sie gilt als begehrtes Foto-Motiv. Worauf der Fokus zielt? An der Außenseite der jüdischen Frauenschul, gleich neben der zweischiffigen Synagoge, befindet sich eine Einbuchtung in der Mauer. Warum sich diese über die Jahrhunderte gehalten hat, erzählt eine Legende: Eines Tages soll hier die Mutter des berühmten Religions-Gelehrten Raschi (1040/41-1105) gegangen sein, als ihr in der schmalen Gasse ein Pferdefuhrwerk entgegenkam. Die schwangere Frau musste in höchster Not ausweichen – was ihr gelang, weil die Mauer nachgab und ihr eine Nische bot. Eine Geschichte vom Überleben in höchster Bedrängnis.

Zu den wertvollsten jüdischen Zeugnissen in Worms, die trotz aller Pogrome erhalten geblieben sind, zählt eine Stifterinschrift für einen Synagogenbau aus dem Jahre 1034. Es handelt sich um die mutmaßlich älteste hebräische Stifterinschrift diesseits der Alpen. Eine Rarität ist auch der jüdische Friedhof, der die verschiedenen Gräuelphasen ungeschändet überstanden hat. So finden sich noch heute Grabsteine aus dem 11. Jahrhundert auf dem kontinuierlich genutzten Areal namens „Heiliger Sand“. Wie gesagt: Eine Rarität auf deutschem Boden.
Die jüdische Gemeinde in Worms hatte sich im Mittelalter mit den Gemeinden von Mainz und Speyer zu einem Verbund zusammengeschlossen. Der führt nun dazu, dass sich Rheinland-Pfalz um eine Anerkennung der sogenannten SchUM-Stätten als Weltkulturerbe bemüht. Der Begriff setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der hebräischen Städtenamen von Schpira (Speyer), Warmaisa (Worms) und Magenza (Mainz) zusammen. Über „SchUM am Rhein“ informiert jetzt auch eine Ausstellung im „Jüdischen Museum im Raschi-Haus“ in Worms – gleich neben Synagoge und Mikwe.

Eine weitere Ausstellung anlässlich des Kaiserjahres widmet sich im Nibelungenmuseum der Dichtung: „Hoher Mut, Liebe, Protest – Literatur zur Stauferzeit“. Sie ist eine Enttäuschung. Weder wird die Präsentation dem umfassenden Anspruch auch nur ansatzweise gerecht, noch bietet sie ein einziges Originalexponat. Es ist immer gut, auf den Giganten Walther von der Vogelweide aufmerksam zu machen. Aber mehr als Videoszenen und Schrifttafeln dürften es schon sein.
Martin Oehlen
Die bisherigen Beiträge zum „Kaiserjahr“
Mainz mit der Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“. Wer mag, kann den Beitrag HIER nachlesen.
Speyer mit Kaiser-Krypta, Judenhof und „Medicus“-Ausstellung – HIER .
Burg Trifels, die einst Reichsburg war und von den Nazis in „schöpferischer Denkmalpflege“ gestaltet wurde – HIER .
Klosterruine Limburg, wo der fünfte Advent abgeschafft wurde – HIER .