„Diese alten Pharaonen müssen schon phantastische Kerle gewesen sein“ – Luxor in sechs Etappen (1)

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Das Henkelkreuz galt in pharaonischer Zeit als Lebensschlüssel der Götter. Foto: Bücheratlas

1. Das Ziel

Simon Doyle sagt es in Agatha Christies Kriminalroman „Tod auf dem Nil“ mit diesen Worten: „Also, ehrlich gesagt, mache ich mir ja nicht viel aus Tempeln und Besichtigungen, aber dies ist wirklich einzigartig! Diese alten Pharaonen müssen schon phantastische Kerle gewesen sein.“ Der Protagonist Simon Doyle ist – Achtung, Spoiler-Alarm – ein Zeuge von zweifelhaftem Leumund. Aber in diesem Falle hat er Recht wie einer nur Recht haben kann. Wobei es selbstverständlich nicht die Pharaonen waren, die die Tempel errichtet haben, sondern sie errichten ließen. Genau, das ist Bertolt Brecht pur: „Wer baute das siebentorige Theben?/ In den Büchern stehen die Namen von Königen./ Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?“

Die Stadt Luxor am Nil, das ehemalige Theben, ist ein erstklassiger Ausgangspunkt für Sturzflüge ins Alte Ägypten. Eben noch ließ man sich auf dem Smartphone den Weg zum Tempel-Eingang zeigen, schon steht man in bis zu 4000 Jahre alten Kultstätten oder Grabkammern. Atemberaubend ist das ein ums andere Mal. Da hat Doyle nichts als die Wahrheit gesprochen. Denn man ist plötzlich angekommen bei Göttern und Pharaonen. Bei  Amun und Osiris, Hathor und Horus, Isis und Anubis, bei der wunderbar biegsamen Himmelsgöttin Nut, die am Morgen die Sonne gebiert und am Abend wieder verschluckt, und bei unserem persönlichen Lieblingsgott Thot mit dem Ibis-Schnabel, der für alle zuständig ist, die sich dem Schreiben widmen. Angekommen bei den Herrschern Mentuhotep und Sesostris, Amenophis und Thutmosis, Hatschepsut und Echnaton, Tutanchamun und  Ramses (den Namen wählten besonders viele Pharaonen).

Die Klage, dass nicht wenige Kunstschätze jener langen Pharanonen-Epoche  in fernen Museen stehen, ist einige Male zu hören, wenn man als Tourist durch die Gegend streift. Eine besonders wertvolle Barke aus Edfu ist im Louvre ausgestellt, und der Liebreiz der  Nofretete kann in Berlin besichtigt werden. Ein Ägypter, der sich als Ägyptologe vorstellt, erzählt uns, Hitler („Hitler, wissen Sie, Adolf Hitler.“) habe 1936 die Rückgabe zugesagt und die Statue zuvor nur noch einmal ausstellen wollen; dabei sei er von der Schönheit der Nofretete so gebannt gewesen, dass er nicht mehr zu seiner Zusage habe stehen wollen. „Das war schlecht von dem Mann!“, urteilt der Gesprächspartner, als wäre damit nun alles gesagt über den Massenmörder und Weltzerstörer.

Die Sehnsucht nach den nationalen Schätzen bedenkend, fällt uns im Museum von Luxor sogleich ein Relief auf, das – so betont es der Erläuterungstext – im Jahre 2014 von Berliner Privatleuten („two couples“) zurückgegeben worden sei. Auch zeigt sich in diesem sehenswerten Museum, dass mit dem Entdecken noch lange nicht Schluss ist. Ausgestellt ist dort der erst vor kurzem von deutschen Archäologen freigelegte, farbenfroh ausgemalte Sarg eines hohen Beamten. Grabräuber hatten zwar die Mumie(n) und die Beigaben entwenden können, aber nicht den Sarg, weil der passgenau in den Berg gesetzt worden war, so dass er für die bösen Hände nicht zu bewegen war. Tatsächlich war es das Grab für die Frau des Beamten geworden, wie die Wissenschaft herausgefunden hat; denn die war vor dem Gemahl gestorben, der ihr dann das kostbare Stück überlassen hatte. Es muss Liebe gewesen sein.

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Das Museum von Luxor ist ein Ort, den man trotz der vielen Tempel-Optionen nicht ignorieren sollte. Foto: Bücheratlas

Archäologen aus vielen Ländern – Polen, Italien, USA, Deutschland u.a.m. – suchen heute weiter in und um Luxor nach den Zeugnissen der großen Kultur der Antike. Im Tal der Könige werden an vielen Stellen Probeschächte gegraben und wird die Erde gesiebt, während ein paar Meter weiter die Touristen aus Europa und China sich vor den Eingängen zu den grandiosen Grabkammern drängeln. Es staubt zum Wohle der Forschung.

Das mal zum Einstieg. Fünf weitere Beiträge folgen. Da geht’s ans Eingemachte. Die Themen: „Tempel-Tips“, „Sicherheit“, „Lage der Nation“, „Bakschisch“ und „Logis und Literatur“.

Martin Oehlen

4 Gedanken zu “„Diese alten Pharaonen müssen schon phantastische Kerle gewesen sein“ – Luxor in sechs Etappen (1)

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