Unterwegs in Südkorea (1): Vom Palast der strahlenden Glückseligkeit in Seoul bis zu den Welterbe-Taucherinnen von Jeju

Es gibt Tausende von möglichen Gründen, nach Südkorea zu reisen. Allerdings zeigt sich unterwegs im Land, dass nicht gar so viele ausländische Touristinnen und Touristen den Weg dorthin finden. Zum Auftakt unserer kleinen Südkorea-Reihe geht es erst einmal um radikal subjektive Highlights. Und um einen Ausflug an die nordkoreanische Grenze, auf den wir dann doch verzichtet haben.  

Seoul

Wachwechsel im Gyeongbokgung in Seoul Foto: Bücheratlas

Eine Megalopolis erster Ordnung. Zunächst mag die wuchernde Steinwüste abschrecken. Auf den zweiten Blick entdeckt man an vielen Ecken Attraktionen und vor allem eine hohe Vitalität. Königliches, Kommerzielles und K-Pop finden hier zusammen. Eine Stadt mit farbenfrohem Wachwechsel im Gyeongbokgung, dem Palast der strahlenden Glückseligkeit aus dem 14. Jahrhundert. Dies ist auch einer der Paradeplätze, an denen sich viele Koreanerinnen und Koreaner in traditioneller Kleidung präsentieren. Die bewahren sie nicht im heimischen Kleiderschrank auf, sondern leihen sie für ein, zwei Stunden aus. Ein Spaß für ein paar Won.

Gigantische Einkaufszentren hier, gigantische Märkte dort. Der Namdaemun-Markt ist der wohl der bekannteste von ihnen, nicht weit entfernt von der „Seoul Station“, einem zentralen Knotenpunkt. Noch besser gefiel uns der Gyeongdong-Markt, der nicht zuletzt auf Obst, Gemüse und Heilpflanzen spezialisiert ist. Auch gibt es darin ein Knoblauch-Viertel, wo man den Händlern beim Schälen zusehen kann, so lange die Nase es aushält. Und so weiter, und so fort. Eine hochmoderne und quirlige Metropole. Vergleichbar mit Tokio, Singapur und Hongkong – und doch unverwechselbar.

Seoraksan-Nationalpark

Farbpalette im Seoraksan-Nationalpark Foto: Bücheratlas

Die tiefgrüne, sanft schwingende Hügellandschaft ist glücklicherweise auch ein Fall für diejenigen Wanderer, die sich nicht bis zur Erschöpfung verausgaben wollen. Ja, man kann auch auf über 1000 Meter steigen. Aber das populärste Ziel ist der 800 Meter hohe Ulsanbawi. Gemeinsam mit zahlreichen Einheimischen geht es vorbei an diversen buddhistischen Sehenswürdigkeiten und durch saubere Luft – was einem sofort auffällt, wenn man aus Seoul angereist ist. Erreichbar ist der Park am besten von der Küstenstadt Sokcho – oder man übernachtet gleich vor Ort.

Haeinsa

Dachlandschaft im Haeinsa-Tempel Foto: Bücheratlas

Es ist der eindrucksvollste Tempel, den wir gesehen haben – der Haeinsa-Tempel im Gayasan-Nationalpark. Per Bus haben wir ihn von Daegu aus angesteuert. Ein einsam gelegenes Unesco-Weltkulturerbe. Mit herrlicher Dachlandschaft, imposanten Buddha-Statuen und vielfach gerühmten Steinpagoden. Doch der größte Schatz ist die „Tripikata Koreana“, eine Schriftensammlung in vier Hallen – auf die wir eingehen werden, wenn es um die literarischen Reiserfahrungen geht.

Gyeongju

Illuminierte Grabhügel während einer Kunstaktion in Gyeongju Foto: Bücheratlas

Fast 1000 Jahre lang, bis ins 10. Jahrhundert hinein, war Gyeongju die Hauptstadt des Silla-Reichs. Die Spuren sind unübersehbar. Vor allem die Vielzahl der Königsgräber, die sich unter den grasbewachsenen Hügeln befinden, prägen das Bild der Stadt. Als wir dort zu Gast sind, wird gerade mit Festreden und einer „Just Jerk“-Tanzakrobatik daran erinnert, dass mit der Sicherung der Gräberfelder vor 50 Jahren ernst gemacht wurde. Eine kostbare Auswahl dessen, was in ihnen (bislang) gefunden worden ist, stellt das Nationalmuseum aus. Darunter auch die Schutzdecke des „himmlischen Pferdes“. Und ansonsten ist goldenes Glitzern ist garantiert. 

Busan

Noch so eine vibrierende Metropole. Und überdies eine mit Meerblick. An den Stränden Gwangalli und Haeundae lässt man es sich gut gehen. Allerdings weniger in den Fluten des Ostmeers, sondern vor allem im Sand und auf der Promenade. Besonders von Teenagern werden die Mini-Lokale von Wahrsagerinnen und Wahrsagern und die Selfie-Studios mit allerlei Verkleidungs-Optionen frequentiert. Wer auf seiner Südkorea-Reise immer noch keinen Fischmarkt gesehen hat, kann dies am Jagalchi-Markt nachholen. Der Anblick der vielfach noch lebenden, hinter Glas sich drängelnden Tiere ist allerdings sehr gut geeignet, einem das Verspeisen derselben zu verleiden.

Jeju

Die Insel war einerseits eine Enttäuschung. Die Erwartung, genährt aus vielen Liebesbekundung im Netz, hier auf ein subtropisches Paradies zu stoßen, war nach der Landung sehr schnell verflogen. A propos Landung: Angeblich ist die Flugstrecke zwischen Seoul und Jeju die am stärksten genutzte Verbindung weltweit. Das glaubt man sofort beim Blick in den Himmel der Hauptstadt Jeju-si, wo man einen baldigen Flugzeug-Stau nicht mehr ausschließen mag.

Andererseits gibt es hier das eine oder andere geologische Highlight. Besonders gut hat uns der Vulkan Seongsan Ilchulbong an der Ostküste gefallen. Fast komplett vom Meer umspült und nur über eine schmale Landzunge erreichbar, ist er eine rundum grüne Kraterschönheit. Bis zum Rand kann man hinaufsteigen und hat dort einen perfekten Blick in die Caldera. Gleich denkt man aufgrund des intensiven Bewuchses an den (größeren) Ngorongoro-Krater in Tansannia, allerdings wartet man hier vergebens auf Nashörner und Giraffen. Die Eigenheiten des erloschenen Vulkans werden einem dort oben auf den Sitzbänken von freundlichen Ortskundigen erläutert – unaufdringlich und kostenlos.

Eine weitere Besonderheit der Insel sind die Haenyeo, die Taucherinnen von Jeju. Ohne Sauerstoffflaschen auf dem Rücken tauchen sie tief und lange hinab auf der Jagd nach Meeresfrüchten. Mittlerweile gehört diese Tradition zum immateriellen Welterbe der Menschheit. Allerdings ist es eines, das verständlicherweise immer seltener gepflegt wird. Es ist halt anstrengend und gefährlich. Für Touristen gibt es Vorführungen. Als wir Zeugen werden, wie vier ältere Taucherinnen ins Wasser steigen, wird eine von ihnen wieder zurückbeordert. Die Anzeichen von Schwäche waren unübersehbar. Später sagte man uns, die Frau sei 88 Jahre alt.

DMZ

Die erste Attraktion, an die wir beim Reiseziel „Südkorea“ dachten, war die DMZ, die Demilitarisierte Zone zwischen dem Norden und dem Süden des Landes. Die erste Attraktion, die wir bei der Feinplanung strichen, war dann allerdings ebenfalls – die DMZ. Zwar wird der Grenzstreifen regelmäßig von der Hauptstadt Seoul aus angefahren. Allerdings legen die Veranstalter – wovon es einige gibt – den Startpunkt der Touren auf den frühen Morgen fest, zuweilen schon auf vier Uhr. Der Grund ist, dass nur ein eingeschränktes Kontingent an Besucherinnen und Besucher zugelassen wird. Wer zu spät kommt, guckt womöglich nur noch übermüdet in den Morgen hinein. Aber es ist ja nicht nur das sehr frühe Aufstehen. Auch der Thrill, sich auf ein streng bewachtes Terrain an der „gefährlichsten“ Grenze der Welt zu begeben, ist von überschaubarem Reiz. Ein Lesetipp zum Thema: Die Koreanerin Don Mee Choi, die in den USA lebt, hat den Gedichtband „DMZ Colony“ herausgegeben, für den sie mit dem National Book Award ausgezeichnet worden ist (auf den Titel sind wir HIER eingegangen). 

Martin Oehlen

Auf diesem Blog

gibt es bald mehr über die Reise nach Südkorea zu lesen, unter anderem mit Anmerkungen zum Essen mit Schere und zum Tragen von Hüten und Hunden.

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