Werner Herzog auf dem Hochseil: Acht Einblicke in die druckfrischen „Erinnerungen“ des Regisseurs und Autors zum 80. Geburtstag

Ein großes Rad hat Werner Herzog schon immer zu drehen gewusst. Foto: Bücheratlas

Herakles“ heißt der Kurzfilm, mit dem Werner Herzog im Jahre 1962 seine Karriere als Künstler begann. Mit einer Kraft, wie sie dem mythischen Helden nachgesagt wird, schuf er im Laufe der folgenden sechs Jahrzehnte ein so großes wie großartiges Werk. Darunter sind Filme, die längst Legendenstatus haben – nicht nur „Fitzcarraldo“ mit Klaus Kinski, von dem gleich noch die Rede sein wird. Auch als Schriftsteller ist Werner Herzog aktiv. Zuletzt hat er die Erzählung „Das Dämmern der Welt“ über das bizarre Schicksal des japanischen Soldaten Hiroo Onoda veröffentlicht – die wir HIER besprochen haben.

Nun legt er bei Hanser seine erfahrungsweisen und anekdotenreichen Erinnerungen vor: „Jeder für sich und Gott gegen alle“. Was das alles zu bedeuten hat? Werner Herzog, der am 5. September 1942 in München geboren wurde und auf einem Bergbauernhof aufgewachsen ist, wird heute 80 Jahre alt. Aus diesem Anlass zitieren wir acht Passagen, die wir uns neben vielen anderen bei der Lektüre der Neuerscheinung angestrichen haben. Es sind Sätze eines Ewig-Neugierigen.

1 Lesen

„Ich lese langsam, weil ich oft vom Text abschweife, Bilder und Situationen zum Gelesenen vor mir sehe, um mich dann erst wieder auf die Zeilen zu konzentrieren. Es gibt Bücher, wie „Gehen“ von Thomas Bernhard, bei denen ich zwei Wochen gebraucht habe, um über den ersten Absatz hinweg zu kommen. Die Anfangszeilen dieses Buches sind so ungeheuer, dass ich nie aufgehört habe zu staunen.“

2 Das Buch der Bücher

„Ich vertraue dem „Oxford English Dictionary“, das eine der größten Kulturleistungen der Menschheit ist. Ich spreche hier von den 20 massiven Bände, die etwa 600.000 Begriffe erfassen mit mehr als drei Millionen Zitaten aus der gesamten englischen Sprachgeschichte von über 1000 Jahren. Für mich ist es das Buch der Bücher, das Buch, das ich auf die einsame Insel mitnehmen würde. Es ist ein unerschöpfliches Wunder.“

3 Im Kino

„Wer mit mir einen Film ansieht, muss rechts von mir sitzen, sonst wäre das gemeinsame Schauen auf eine Leinwand eine Tortur.  Am besten sehe ich, wenn ich leicht nach links von der Mittelachse versetzt auf eine Leinwand schaue, also mit einem leichten Winkel nach rechts. Ich gehe allerdings nur noch selten ins Kino. Mehr als drei oder vier Filme pro Jahr sehe ich nicht.“

4 Die Stadt der Städte

„Ich lebe in Los Angeles. Meine Frau Lena und ich hatten uns zu entscheiden, wo in den USA wir leben würden, und die Antwort darauf war sofort klar: in der Stadt mit der größten Substanz.“

5 Freunde

„Ich habe nur wenige Freunde. Tief innen gehöre ich wohl eher in die Kategorie der Einsamen. Zudem ist es mit den meisten Freunden schwierig, ständig Kontakt zu halten, weil wir so weit entfernt voneinander leben.“

6 Klaus Kinski

„Kinski konnte lauter schreien als jeder andere Mensch, den ich kannte. Er vermochte sogar Weingläser zu „zerschreien“, wenn er in einer schrillen Tonlage schrie, bekamen sie einen Sprung.“

7 Drogen

„Drogen habe ich nie genommen. Die Kultur darum herum hat mich immer abgestoßen ich glaube auch dass wir Drogen nicht gut täten, weil sowieso zu viele Stürme in mir toben.“

8 Leben

„Vieles in meinem Leben erscheint mir wie auf einem Hochseil, ohne dass ich die meiste Zeit überhaupt bemerkte, dass links und rechts neben mir ein Abgrund gähnte.“

Martin Oehlen

Auf diesem Blog

haben wir Werner Herzogs Erzählung „Das Dämmern der Welt“ HIER besprochen.

Werner Herzog: „Jeder für sich und Gott gegen alle – Erinnerungen“ Hanser, 352 Seiten, 28 Euro. E-Book: 20,99 Euro.

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