Von Schwarzfahrern, überforderten Müttern und der Einladung nach Singapur: Krimiautoren geben einen Tag lang Auskunft beim „Crime Day 21“

Charlotte Link beim Crime-Day-Talk Screenshot: Bücheratlas

Geben wir es zu: Das Leben ist einfach geworden dank Corona. Wir sitzen am Schreibtisch, neben uns eine Tasse Tee, ein Glas Wein, ein Riegel Schokolade. Was auch immer. Und schauen hinaus in die Welt. Sagen wir: nach Hamburg. Wo an diesem Samstag das Livestream-Festival „Crime Day 21“ stattfindet. Veranstalter sind das True-Crime-Magazin „Stern Crime“ und die Penguin Random House Verlagsgruppe. 

Die Schar der Gäste ist illuster: Hakan Nesser, Charlotte Link, Horst Eckert, Alex Beer – um nur einige zu nennen. Es gibt eine kleine Ausstellung und diverse Bühnen, auf denen die Großen der nationalen und internationalen Krimiszene zu Wort kommen.

Manch einer ist zugeschaltet, wie beispielsweise der leicht gnatzige Schwede Hakan Nesser. Mit Frau und acht Pferden sitzt er fest auf Gotland und erzählt, wie das so ist, wenn man mit seinen eigenen Texten ringt. Schriftsteller sei ein einsamer Job, erzählt der Autor von so hervorragenden Krimis wie „Der unglückliche Mörder“ und „Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson“. „Man sitzt vor seinem Computer und beschäftigt sich mit nichts anderem als den eigenen Texten.“ Corona mache die Sache nicht besser, denn der Weg in die Welt sei momentan versperrt. „Stellen Sie sich vor, Sie werden zu einem Literaturfestival nach Singapur eingeladen, und dann heißt es, Sie müssen aber von Zuhause aus teilnehmen.“ Wir ahnen, wovon der Mann redet.

Horst Eckert, Autor von rund einem Dutzend hervorragender Politkrimis, hat es da schon besser. Er durfte von Düsseldorf nach Hamburg reisen. Jetzt spricht er auf der Bühne live und in Farbe über sein neues Buch „Die Stunde der Wut“, das erst seit wenigen Wochen auf dem Markt ist. Das Thema: die sozial bedingte Wut all derer, die sich zu den Verlierern der Gesellschaft zählen. „Irgendwann eskaliert diese Wut in Gewalt“, sagt Eckert. Meist sind es in seinen Büchern die Rechtsradikalen, die vor keiner Gewaltorgie zurückschrecken. Das neue Buch um das Ermittlerduo Vincent Veith und Melia Adan macht da keine Ausnahme.

Alex Beer (im Bild am Kopf der Seite) ist aus Wien angereist. Auf ihr Konto geht eine Reihe historischer Krimis, die im Wien der beginnenden 1920er Jahre spielt. Von Hause aus sei sie Archäologin, sagt die österreichische Erfolgsschreiberin. Die Vergangenheit interessiere sie seit je, erzählt sie im Gespräch mit Günter Keil. Daher auch das Archäologiestudium. Inzwischen hat sie eine zweite Reihe von Historienkrimis aufgelegt, die im Nürnberg der NS-Zeit spielen. Und deren Protagonist ein jüdischer Ermittler ist, der sich als strammer Nazi tarnt. Ob sie selber schon mal kriminell geworden sei? Auch das verrät die Österreicherin vor laufender Kamera: Sie habe versehentlich schon einmal einen Deo-Stift gestohlen. Und sei eventuell schon mal ein kleines bisschen schwarzgefahren.

Ob das auch Charlotte Link passieren könnte? Man glaubt es nicht, so seriös und diszipliniert, wie Deutschlands erfolgreichste Schriftstellerin in Hamburg erscheint. Thema des Livetalks: Ihr jüngstes Buch „Ohne Schuld“. Im Zentrum steht eine Frau, die ihr Kind in der Badewanne ertränkt. Und damit einen Rattenschwanz von Katastrophen auslöst. Darf man schreiben, dass eine Frau mit ihrem Kind überfordert ist? Das habe sie sich auch gefragt, gibt Charlotte Link zu. Und sich für das heikle Sujet entschieden. „Das Thema betrifft sehr viele Frauen, doch es ist nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu zuzugeben, dass man mit seinem eigenen Kind überfordert ist.“

Man könnte weiterklicken zur nächsten Bühne, wo die forensische Psychiaterin Nahlan Saimeh über das Böse in jedem von uns spricht. Oder schon mal reinhören in Bernhard Aichners neuen Krimi „Dunkelkammer“, der am Montag erscheint. Der Möglichkeiten sind viele an diesem „Crime Day“, der sich daheim bestens genießen lässt. Mit einer Tasse Tee, einem Glas Rotwein oder einem Riegel Schokolade neben sich. 

Petra Pluwatsch

Auf diesem Blog finden sich Besprechungen zu den neuesten Veröffentlichungen von Alex Beer ( HIER ) und Horst Eckert ( HIER ).

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