
Deqo, Kawsar und Filsan – das sind die drei starke Frauen, deren Schicksale Nadifa Mohamed in „Der Garten der verlorenen Seelen“ auf eindringliche Weise erzählt und verknüpft. Und was das für Schicksale sind! Der Roman spielt im von Gewalt versehrten Somalia am Ende der 1980er Jahre. Das Flüchtlingsmädchen, die Soldatin und die Witwe stehen für drei Generationen, für Leid und für Hoffnung, für den Kampf ums nackte Überleben. Der Garten, in dem sie sich aufhalten, ist voller Gefahren.
Der Roman der 1981 in Hargeisa in Somalia geborenen und in London lebenden Nadifa Mohamed ist in diesem Jahr das „Buch für die Stadt“ in Köln und der Region. Normalerweise hieße das: Mit einer Matinee im Kölner Schauspielhaus wird eine Literaturwoche eröffnet, in deren Verlauf zahlreiche Lesungen, Vorträge, Diskussionen stattfinden. Doch das Jahr 2020 macht es allen Kulturveranstaltern schwer. Das Virus nimmt keine Rücksicht auf Traditionen. Und die Normalität pausiert.
Also gar nichts machen? Nö. Das Literaturhaus Köln und der „Kölner Stadt-Anzeiger“, die diese Lesereihe seit 2003 ausrichten, bleiben am Ball. So findet die Eröffnungs-Matinee diesmal im Netz statt: der Onlinestream ist abrufbar unter https://bfds.ksta.de/digitale-matinee-2020 . Frank Olbert, Leiter des Kultur-Ressorts beim „Kölner Stadt-Anzeiger“, befragt in der Aufzeichnung die Autorin. Die Schauspielerin Milena Karas liest Passagen aus dem Roman. Und Joachim Frank, Chefkorrespondent des „Kölner Stadt-Anzeiger“, führt ein Gespräch mit Bettina Fischer, der Leiterin des Literaturhaus Köln.
Nadifa Mohamed zwinge mit ihrem Roman die Leserinnen und Leser, so hat es Frank Olbert geschrieben, „in eine raue, manchmal regelrecht schmerzhafte Geschichte über Zustände hinein, auf die man endlich den Blick lenken sollte“. Die Empörung der Autorin über die Zustände in dem Land ihrer Geburt, das sie im Alter von vier Jahren verlassen hat, verleihe dem Buch Kraft und Wahrhaftigkeit. Und er stellt fest: „Wer eine Ahnung davon bekommen möchte, vor was und wem die Menschen die Flucht ergreifen, die sich über gefährliche Landrouten und das Meer nach Europa retten wollen, der sollte Nadifa Mohameds ‚Der Garten der verlorenen Seelen‘ lesen.“
Petra Pluwatsch
Das „Buch für die Stadt” ist eine gemeinsame Literaturaktion von Literaturhaus Köln und „Kölner Stadt-Anzeiger”. Sie findet seit 2003 alljährlich im Herbst statt. In diesem Jahr wird die Veranstaltungsreihe von „stimmen afrikas“ unterstützt.
Die Jury 2020 bildeten Bettina Fischer (Literaturhaus Köln), Hildegund Laaff (Lengfeld’sche Buchhandlung), Martin Oehlen (Bücheratlas) und Frank Olbert („Kölner Stadt-Anzeiger”).
Die Sonderausgabe von Nadifa Mohameds „Der Garten der verlorenen Seelen“ erscheint im Verlag C. H. Beck, hat 272 Seiten und kostet 12 Euro. Die Übersetzung besorgte Susann Urban.
