
Drei Jahre hat Felix Blom gesessen, zu Unrecht, wie er betont. Jetzt ist er wieder in Freiheit und muss sich zurechtfinden in einer Welt, die kälter, schneller und rauer geworden ist. Man schreibt das Jahr 1878. Kaiser Wilhelm I. ist das Opfer eines verwirrten Attentäters geworden und nur knapp dem Tod entgangen. In Berlin wird gebaut, was das Zeug hält. „Scheinbar über Nacht waren moderne Häuser aus der Erde gewachsen, alte Gebäude waren um mehrere Stockwerke erhöht worden, und in den Erdgeschossen buhlten bunte Verkaufsläden, die er noch nie zuvor wahrgenommen hatte, um Kundschaft.“ Als ihm dann auch noch ein Unbekannter eine Karte mit einer Todesdrohung unter der Türe durchschiebt, ist es mit der Ruhe des ehemaligen Meisterdiebs endgültig vorbei.
Im Rekordtempo zur Metropole
„Felix Blom – Der Häftling aus Moabit“ ist der erste Band einer neuen Reihe von Alex Beer. Sie habe schon lange vorgehabt, einen Krimi in Berlin spielen zu lassen, begründet die Österreicherin im Nachwort die Wahl des Handlungsorts. „Als Autorin historischer Kriminalromane faszinierte mich insbesondere das Berlin des späten 19. Jahrhunderts, da sich die Stadt damals in Rekordgeschwindigkeit zur Metropole entwickelte und sich anschickte, Weltstädte wie Paris, London oder Wien Konkurrenz zu machen.“
Bis dato fühlte sich Alex Beer eher in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu Hause. Für ihre mittlerweile fünf Bände umfassende Reihe um den Wiener Ermittler August Emmerich, die unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg spielt, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im Mittelpunkt einer weiteren, zwei Bände umfassenden Serie historischer Krimis steht der jüdische Antiquar Isaak Rubinstein, der sich 1942 als Sonderermittler der Gestapo ausgibt.

Franzose als historisches Vorbild
Jetzt also der Sprung ins 19. Jahrhundert. Vorbild für ihre Hauptfigur, den geläuterten Kriminellen und frischgebackenen Detektiv Felix Blom, sei der Betrüger, Dieb und Fälscher Eugene Francois Vidocq gewesen, schreibt Alex Beer. Der Franzose habe sich im Laufe seines Lebens vom gerissenen Gauner zum Vater der modernen Kriminalistik und ersten Privatdetektiv der Geschichte gewandelt.
Auch Felix Blom hat seiner kriminellen Vergangenheit abgeschworen. Nach seiner Haftentlassung beginnt er, für die ehemalige Prostituierte Mathilde Voss zu arbeiten, die in Berlin ein Detektivbüro betreibt. Gleichzeitig erschüttert eine geheimnisvolle Mordserie Berlin. Vor ihrem Tod haben sämtliche Opfer eine gleichlautende Botschaft erhalten: „Binnen 30 Stunden musst Du eine Leiche sein.“ Drei Männer sind bereits tot, als auch Felix Bloom eine entsprechende, nach Moschus duftende Karte bekommt und um sein Leben fürchten muss.
Leichtfüßig durch die Kaiserzeit
Alex Beer ist mit „Felix Blom“ ein leichtfüßiger und amüsanter Krimi gelungen, der sich schnell weglesen lässt. Die Atmosphäre der boomenden Metropole Berlin ist gut eingefangen, ihr Held entpuppt sich als sympathisches Schlitzohr, von dem noch einige Husarenstücke zu erwarten sind.
An die Qualität der August-Emmerich-Bände kommt das Buch zwar nicht heran, doch taugt es hervorragend als Zwischendurch-Lektüre an langen Winterabenden. Ein Lese-Spaß, bei dem man sogar noch das ein oder andere über die Kaiserzeit lernen kann.
Petra Pluwatsch
Auf diesem Blog
hat Alex Beer bereits einmal ein paar Fragen zu ihrem Werk (vor Felix Bloom) beantwortet – und zwar HIER.
Und eine Besprechung ihres Romans „Unter Wölfen“gibt es HIER.
Alex Beer: „Felix Blom – Der Häftling aus Moabit“, Limes, 364 Seiten, 17 Euro, E-Book: 14,99 Euro
Die Reihe wird sicher gut, ich hätte es aber vorgezogen, wenn sie erst einmal die Emmerich-Reihe zuende gebracht hätte. Diese fühlt sich in Bezug auf seinen Konkurrenten abgebrochen an.
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Stimmt! Das mit dem Wiener Ermittler sehe ich ganz genau so! Aber immerhin – die neue Reihe hat viel Potenzial. Herzliche Grüße, Petra
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