
Horst Eckert zählt zu den erfolgreichsten Autoren von Politthrillern im deutschsprachigen Raum. Zuletzt hat er den Roman „Das Jahr der Gier“ veröffentlicht, der auf der Short List zum Crime Cologne Award 2022 stand. Im Frühjahr 2023 erscheint bei Heyne „Die Macht der Wölfe“. Seinen Roman „Im Namen der Lüge“, der von einem Putschplan in Deutschland handelt, haben wie HIER vorgestellt. Aus aktuellem Anlass haben wir Horst Eckert einige Fragen gestellt.
Herr Eckert, Sie thematisieren in Ihren Politthrillern seit Jahren die Gefahren des Rechtsradikalismus. Soeben gab es mehrere Razzien gegen die sogenannte Reichsbürgerszene. Zu den Verdächtigen, die einen Umsturz geplant haben sollen, gehören Polizisten und Politiker. Haben Sie eine solche Entwicklung vorausgesehen?
Es war nicht die erste solche Razzia, wenn auch die bislang umfangreichste. Noch vor wenigen Jahren war der Staat auf dem rechten Auge blind, aber die Taten von Angehörigen der Szene sprachen für sich, und zahlreiche Journalisten haben mit ihren Recherchen Großartiges geleistet. Endlich werden auch die Behörden aktiv. Als ich vor drei Jahren den Thriller „Im Namen der Lüge“ schrieb, in dem eine ganz ähnliche Verschwörung aufgedeckt wird, konnte ich daran anknüpfen.
Ist die Realität womöglich stärker als die Fiktion?
Die Realität ist vor allem Inspirationsquelle. Sie stellt uns immer wieder spannende Fragen. Wer unterstützte den NSU? Warum hat der Verfassungsschutz massenhaft Akten zum NSU-Komplex vernichtet? Oder, ganz aktuell, weil der Wirecard-Prozess in München gerade begonnen hat: Warum haben die Aufsichtsbehörden jahrelang weggesehen, warum hielt die Politik die schützende Hand über diese Betrugsmaschine? Solchen Fragen begegne ich mit den Mitteln des Schriftstellers. Ich gebe fiktive Antworten. Die Realität stößt Fiktion an und macht sie nötig und wertvoll.
Für wie gefährlich halten Sie die „Reichsbürger“-Szene und andere rechte Gruppierungen?
Wir lachen über deren verschwurbelte Ideen. Trotzdem sind solche wutgetriebenen Extremisten brandgefährlich. Reichsbürger lieferten sich bereits Schusswechsel mit der Polizei, in Bayern wurde dabei ein Beamter getötet. Die rassistischen Täter von München, Halle und Hanau kamen scheinbar aus dem Nichts. Auch wenn ich die Gefahr eines Staatsstreichs für gering halte, kann schon dessen Versuch Menschenleben kosten. Zudem beunruhigt mich, dass immer wieder auch Soldaten und Polizeibeamte ins Visier der Ermittler geraten. Und nicht nur die AfD, sondern auch Politiker bürgerlicher Parteien verharmlosen diese Gefahr. Manchen fallen beim Thema Terror in erster Linie junge Leute ein, die sich an Bilderrahmen kleben. Das macht mich nach einer Razzia wie gestern fassungslos.
Wie recherchieren Sie in der Szene?
Als Romanautor arbeite ich mit fiktiven Figuren und einer ausgedachten Handlung. Also muss ich die Protagonisten der Szene nicht persönlich kennen. Ich zeichne nicht die Wirklichkeit nach, sondern denke darüber hinaus. Aber ich will die Szene möglichst authentisch beschreiben. Dafür stütze ich mich auf die Recherche von Journalisten, auf Reportagen und Sachbücher, auf Gespräche mit Ermittlern.
Haben Sie Sorge, selber ins Visier von Rechtsradikalen zu geraten?
Nein, denn ich bin ja kein fernsehbekannter Promi. Und ich will darüber auch nicht nachdenken. Ich bin freier Schriftsteller. Würde ich aus lauter Angst mit einer Schere im Kopf schreiben, wäre ich das nicht.
Was sind Ihre nächsten Pläne? Werden Sie dem Themenkomplex treu bleiben?
Mein nächster Thriller „Die Macht der Wölfe“ erscheint im April 2023. Darin wird eine Bundeskanzlerin erpresst, und ein Milliardär übernimmt Medienmacht und installiert eine neue populistische Partei. Angeregt von Fox News in den USA und dem Sturm aufs Kapitol hatte ich das als Beschreibung einer nahen Zukunft gedacht. Doch dann überfiel Russland die Ukraine, und meine Geschichte bekam einen neuen Dreh. Wieder einmal scheint es, als würde die Wirklichkeit meine Fiktion bestätigen.
Die Fragen stellte Petra Pluwatsch
Auf diesem Blog
haben wir Horst Eckerts Roman „Im Namen der Lüge“ HIER vorgestellt.


