Um keinen Reim verlegen: Zum Tode des Satirikers Dieter Höss

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Dieter Höss veröffentlichte seine Verse in vielen Zeitungen der Bundesrepublik. Foto: Bücheratlas

Dieter Höss, einer der freundlichsten, humorvollsten und beharrlichsten Satiriker der Bundesrepublik Deutschland, ist gestorben. Er war kein Mann des Derben, kein Lautsprecher auf großer Bühne, sondern einer, der mit seinen feinen Limericks, seiner Kurzprosa, seinen Sentenzen, seinen Gedichten ein treues Publikum fand. Zuletzt erschien von ihm im Ende des vergangenen Jahres „Wo die wilden Männle spuken“, der achte Band in der „Edition Allgäu“, in dem es um gute und böse Geister geht.

Darin ist die Rede von Pharaonen und Kelten, von Luther und Napoleon. Das Spektrum ist bezeichnend für einen Autor, der so bodenständig wie gebildet war, voller Spielwitz und um keinen Reim verlegen. Politisch angespitzt waren viele seiner Texte, aber nicht wenige waren dem Menschlich-Allzumenschlichen gewidmet. Auf dieser Seite drucken wir aus dem aktuellen Band ein Gedicht, welches das Zukünftige, das Gegenwärtige und das Vergangene verbindet: „Klimawandel“.

Der Schriftsteller wurde am 9. September 1935 in Immenstadt im Allgäu geboren, in einer Region, der er viele Verse gewidmet hat. 1953 kam er nach Köln und besuchte dort die Kölner Werkschulen. Anschließend war er zunächst als Grafiker tätig. Sodann veröffentlichte er Gedichte im „Simplicissimus“ und in „Pardon“, in der „Zeit“ und im „Stern“, in der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Frankfurter Rundschau“, in der „Stuttgarter Zeitung“ und vor allem im „Kölner Stadt-Anzeiger“, dort in der Wochenendbeilage „Bunte Blätter“ beziehungsweise in der Nachfolge-Variante „Moderne Zeiten“. Im Jahre 2000 wurde ihm der Rheinische Literaturpreis der Stadt Siegburg verliehen.

Dieter Höss ist, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits am 11. März 2020 in Köln gestorben. Die Trauerfeier, so heißt es in einer Todesanzeige im „Kölner Stadt-Anzeiger, „kann wegen des Coronavirus nicht stattfinden“. Die Urnenbeisetzung und die Gedenkfeier werden zu späteren Zeitpunkten statt. Es sind traurige Zeiten.

Martin Oehlen und Petra Pluwatsch

***

Klimawandel

Tausend Jahre lang fuhren

gewisse Figuren

mit uns Schlitten

und bei uns Ski

 

Ihre braunen Spuren

dauerhaft zu verdecken,

schaffte Neuschnee nie.

 

Die Schneegrenze

stieg höher von Mal zu Mal.

Die braunen Spuren –

sie ziehen sich mitten

durchs Tal.

***

Dieter Höss: „Wo die wilden Männle spuken“, Edition Allgäu, 106 Seiten, 12,80 Euro.

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