
Preisträgerin Sabine Mangold bei der Verlesung der Preisurkunde durch Keiichi Aizawa, den Direktor des Japanischen Kulturinstituts in Köln. Foto: Bücheratlas
Den Scheck hätte Sabine Mangold beinahe vergessen. Gerade hatte die Berlinerin die Urkunde zum „Japan Foundation Übersetzerpreis 2019“ erhalten, da schritt sie schon zum Rednerpult, um sich zu bedanken. Gleichwohl fand sie noch einmal zurück in die Bühnenmitte zu Keiichi Aizawa, dem Direktor des Japanischen Kulturinstituts in Köln, der ihr das Preisgeld in Höhe von 5000 Euro überreichte.
Ein kleines Jubiläum: Die Auszeichnung, nun zum zwölften Mal vergeben, wurde vor 20 Jahren eingeführt und gilt der „jeweils besten Direktübersetzung eines literarischen Werkes aus dem Japanischen, die in den zurückliegenden drei Jahren in Buchform im deutschsprachigen Raum erschienen“ ist. Sabine Mangold wird in die Riege der Preisträger aufgenommen für ihre deutschen Fassungen der Romane „13 Stunden“ von Kazuaki Takano (2017 im Penguin Verlag erschienen) und „Zärtliche Klagen“ von Yoko Ogawa (2017 im Liebeskind Verlag und 2018 als Aufbau Taschenbuch erschienen).
Für die dreiköpfige deutsch-japanische Jury hob Prof. Evelyn Schulz vom Japan-Zentrum der Universität München die „langjährige, sehr kontinuierliche und vielseitige Übersetzungstätigkeit“ von Sabine Mangold hervor. Sie meistere selbst so schwierige Sprachfelder wie „Gossensprache oder Stream of Consciousness“, tauche „in die Tiefen der Farbholzschnitttechnik ebenso ein wie in die Terminologie des japanischen Rechtswesens.“ Bei den meisten „big names“ der deutschen Verlagswelt habe sie Bücher veröffentlicht, aber auch bei so kleinen tatkräftigen Häusern wie dem Bebra-Verlag in Berlin.
Auffallend sei dabei Mangolds Engagement für Autorinnen, womit sie ein Gegenwicht liefere zu den männlich bestimmten Bestsellern aus Japan. Das am Rande: Einen Haruki Murakami hat sie gleichwohl auch schon einmal übersetzt, „Tanz mit dem Schafsmann“ im Jahre 2002 für DuMont. Schließlich noch das größte Lob, das Evelyn Schulz formulierte und die „13 Stufen“ von Kazuaki Takano betraf: „Der Übersetzung merkt man nicht an, dass es eine Übersetzung ist.“
Sabine Mangold dankte mit kurzen Textproben. Zum einen ging es also um Takanos Debüt aus dem Jahre 2001, mit dem er ein Zeichen habe setzen wollen gegen die in Japan weiterhin gültige Todesstrafe. Zudem las die Preisträgerin aus ihrer Übersetzung von Yoko Ogawas „Mit Elefanten schwimmen“ von 2013 – also nicht aus dem ausgezeichneten Band „Zärtliche Klagen“, weil der keineswegs ihr Favorit unter den Ogawa-Werken sei, wie sie freimütig einräumte.
Dass so ein Festakt eine willkommene Plattform ist, das Übersetzen zu preisen, versteht sich von selbst. Prof. Keiichi Aizawa hatte gleich zu Anfang darauf hingewiesen, welch große Bedeutung das Übersetzen für den Kulturaustausch habe. Und er merkte an, dass in seiner Heimat Japan die Arbeit der Übersetzer stärker gewürdigt werde als in Deutschland. Dort nämlich stünden ihre Namen oft in gleicher Schriftgröße wie die der Autoren auf den Umschlägen und Buchrücken.
Dass die Künstliche Intelligenz eines Tages das literarische Übersetzen ablösen könnte – davon wollte bei dieser Festveranstaltung niemand etwas wissen. Nicht die Jurorin Evelyn Schulz. Auch nicht Shinsuke Toda, der japanische Generalkonsul aus Düsseldorf. Denn hierbei gehe es ja nicht um eine „Eins-zu-Eins-Übertragung“, hieß es, sondern um eine Neu- und Wiedererfindung, um Einfühlung. Sabine Mangold selbst bekannte, dass sie es immer noch so halte wie bei ihrer ersten Übersetzung vor 30 Jahren: Trotz aller digitalen Tools arbeitet sie sich Zeichen für Zeichen voran.
Martin Oehlen
Ein Gespräch mit der Übersetzerin Ursula Gräfe über das Übersetzen aus dem Japanischen finden Sie HIER.