Taiwan ist nicht die Top-Adresse im weltweiten Tourismus. Aber Attraktionen gibt es auch in diesem asiatischen Land zu entdecken. Wir haben einen Teil der Strecke am Steuer eines Pkw absolviert. Wie das losging – davon handelt der erste Beitrag unseres Dreiteilers. Und wie es weiterging, erzählen die nachfolgenden Beiträge. Darin werfen wir auch einen Blick in die Kochtöpfe und suchen Bücherspuren.

Der Liwu fließt durch die Granit- und Marmorberge des Taroko-Nationalparks. Foto: Bücheratlas
Das hatten wir uns anders vorgestellt. Schon in Taipeh, der taiwanesischen Hauptstadt, wollten wir in einen Mietwagen steigen. Und dann das Land erfahren. Einmal die große Runde drehen. Aber vor Ort haben uns Taiwanesen, die es wissen müssen, dann doch nahegebracht, den Startpunkt zu verlegen. Tatsächlich muss man nur einmal aus dem Hotelfenster schauen, um zu ahnen, dass die Verhältnisse in dieser Metropole eine Herausforderung für Nervenkraft und Orientierungssinn sein könnten. Das Verkehrsaufkommen ist erheblich und die Trassenführung ambitioniert. Zwar hat Taipeh nicht einmal drei Millionen Einwohner und ist damit nur die viertgrößte Stadt des Landes. Doch auf einem Quadratkilometer leben durchschnittlich fast 10.000 Menschen – in Berlin sind es nur 4000.
Die Ilha Formosa – die schöne Insel, wie portugiesische Seefahrer einst Taiwan nannten – hat einige Reize. Die zeigen sich allerdings nicht so unumwunden wie andernorts. All die Kunstschätze, Naturschönheiten und Gaumenfreuden wollen aufgespürt werden. Was das sein könnte? Überall Tempel, die man durchs Drachentor betritt und durchs Tigertor verlässt, weil das Glück bringt. Pagoden, Nachtmärkte und trendige Uferpromenaden. Es locken tiefe Marmorschluchten im Taroko-Nationalpark, das fulminante Palastmuseum in Taipeh und das nationale Laternenfest, das diesmal in Pingtung stattfand. Dazu saubere Straßen. Und allemal freundliche Menschen.
Mit dem Hochgeschwindigkeitszug geht es erst einmal nach Kaohsiung. Der fährt regelmäßig die Westküste rauf und runter. Ein pünktliches Vergnügen ist das. Aber nicht nur deshalb wünschte man sich taiwanische Schnellbahnverhältnisse auch in Deutschland. Nachahmenswert finden wir beispielsweise den strengen Hinweis, einen freien Sitzplatz nicht mit Taschen zu blockieren. Kennt man leider nur zu gut: die Passagiere im deutschen Schienennetz, die scheinbar ahnungslos aus dem Fenster oder auf ihren Laptop stieren, um nur ja nicht die Frage beantworten zu müssen, ob der Nachbarsitz belegt ist oder ob da nur die Tasche ruht. Aber wir kommen vom Thema ab.
Unsere Selbstfahrer-Tour also begann erst in der Hafenmetropole am Liebesfluss, wo die Drachen-Pagode und die Tiger-Pagode am Lotus-See zu den Attraktionen zählen. Dann weiter durch den Nationalpark Kenting im Süden nach Taitung im Osten. Immer an der Küste entlang. Dabei wurden wir zuverlässig geleitet vom GPS, das die Verleihfirma mit unseren Zwischenzielen programmiert hatte. Die Bildschirmdarstellung wartete zwar mit chinesischen Schriftzeichen auf, was den einen oder anderen verwirren könnte. Aber die Ansage auf Englisch ist eine sichere Option.
Was zügig auffällt: Auf dem Freeway, der taiwanischen Autobahn, wird gerne konsequent die Überholspur eingehalten. Ist ja auch bequem. Und wenn es über Land ans Überholen geht, kann man dies auch mal am rechten Fahrbahnrand realisieren. Aber Achtung: Mopedfahrer schwirren dort herum. Ja, die schwirren überall herum, als hätten sie das permanente Vorfahrtrecht. Zumal in Städten kann es auch mal sehr eng werden. Aber die Hupe wird kaum einmal betätigt. Nicht einmal die Lichthupe. Und ob sich jemand aufregt, wenn man ihn ein wenig geschnitten hat, lässt sich nicht immer erkennen. Denn in der Regel sind die Autoscheiben abgedunkelt. Wegen der Sonne, versteht sich, nicht um Zornesausbrüche zu kaschieren.
So ging es durchaus entspannt voran. In einem asiatischen Gefährt, das sich wie zuhause fühlte, so schön schnurrte es über den Asphalt. Durch fein getrimmte Drachenfrucht-Felder und vorbei an bunt blinkenden Neonreklamen für Betelnüsse. Diese Frucht gilt als Wachmacher und wird zumal von Autofahrern gerne genutzt. Allerdings schaden sie den Zähnen. Also – lieber nicht.

Mit einem brennenden Papierbündel sorgt der Priester für den Auto-Segen der Götter. Foto: Bücheratlas
Wir fühlten uns durchweg sicher auf unserer Selbstfahrer-Tour. Allerdings sind wir ja auch nicht in Taipeh gestartet, das sagten wir schon. Gleichwohl – wer ein Fahrzeug besitzt, ob eines mit zwei oder mit vier Rädern, sucht nicht selten himmlischen Beistand. Dazu bedarf es eines kleinen Opfers. Im Donglong-Tempel im Bezirk Pingtung geht das so vor sich: Der Fahrzeughalter fährt vor den Altar, kauft einige schmale Papier-Bündel, die wie Spielgeld wirken, und übergibt sie einem Priester. Der Mann, der einen blauen Kittel und einen schwarzen, geflochtenen Zylinder trägt, entzündet einen Stapel nach dem anderen mit einem Feuerzeug. Dann streift er damit um das Gefährt. Dabei führt er in diesem Fall die brennenden Bündel dicht an den Reifen entlang. An so heiliger Stätte, das ist wohl die Einstellung, wird schon nichts anbrennen oder explodieren. Anschließend gibt es eine Plakette fürs Lenkrad. Der Nächste, bitte.
Den zweiten Teil der Taiwan-Tour gibt es HIER.
Der dritte Teil findet sich HIER.
Martin Oehlen
Die Reise wurde unterstützt vom Taiwan Tourism Bureau.