Das Römergrab in Köln-Weiden, eine Einzigartigkeit nördlich der Alpen, wird ab Juli regelmäßig geöffnet sein

 

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Treppab in die Antike: Oben leuchtet der Eingangsbereich des Zwirner’schen Schutzbaus, unten die Grabkammer mit dem Jahreszeiten-Sarkophag. Zwischendrin eine hochgezogene Eichentür anstelle der ursprünglichen Marmortür, von der kein Brocken überliefert ist. Das Muster soll allerdings dem Original entsprechen. Foto: Bücheratlas

Das gibt’s nur einmal in Köln, in Deutschland, in der Welt nördlich der Alpen: Eine große unterirdische Grabkammer aus der Antike.  Jahrzehntelang war das Bodendenkmal, das eine Liegenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen ist, zumeist verschlossen. Zuletzt wurde es immerhin einmal im Monat für Sonderführungen geöffnet. Dafür sorgten die ehrenamtlich tätigen Fachleute und Freunde eines Fördervereins, der 2017 gegründet worden ist und zum Ziel hat, diese antike Stätte in einen „Lern- und Erlebnisort“ zu verwandeln. Zwar ist der Publikums-Andrang bei den Besichtigungs-Terminen jeweils groß; auch gibt es viele Anfragen von Schulen. Doch die Mittel für eine dauerhafte Öffnung dieses Hypogaeums standen bislang nicht zu Verfügung.

Das soll sich nun ändern, wie die renommierten Archäologen und Denkmalschützer Heinz Günter Horn und Dirk Schmitz vom Förderverein Römergrab Weiden e.V. auf einer Pressekonferenz erklärten. Mit Fördermitteln, Stiftungsgeldern, Spenden und Einnahmen soll es möglich sein, ab Sommer an zumindest drei Tagen in der Woche das Tor in die Antike aufzustoßen. Mit einer Feier am 10. Juli um 18 Uhr geht es los.

Zu dieser positiven Entwicklung haben jetzt auch die Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland und die Sparkasse KölnBonn beigetragen; sie haben 40.000 Euro zur Förderung dieser Sehenswürdigkeit bereitgestellt. Horn lobt dieses Engagement ausdrücklich. Und fast mit demselben Atemzug beklagt er, „dass es sehr schwierig ist, von der Stadt Köln eine richtige Förderung zu bekommen.“ Die Bitte an die Verwaltung, Köln möge sich mit einem jährlichen Betrag von 20.000 Euro an der Bewachung beteiligen, wurde abgelehnt.

Geld spielte beim Bau offensichtlich keine Rolle

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Heinz Günter Horn – Archäologe, Vorsitzender des Fördervereins und viele Jahre lang oberster Denkmalschützer in NRW – in der begehbaren Grabkammer. Foto: Bücheratlas

Im Kölner Bewusstsein sei das Grab nicht präsent, meint Horn. In Weiden allerdings weiß man mehr und mehr, was für ein Schatz sich dort befindet. Er liegt unmittelbar an der antiken Via Belgica. Das war die Verkehrsverbindung nicht nur nach Belgien, sondern auch nach Frankreich und Britannien. „Die war damals mindestens so stark befahren wie heute die Aachener Straße“, meint Horn. Auf einem Gutsgelände, einer sogenannten Villa rustica, ist die Grabkammer um 15o nach Christus errichtet worden, rund neun Kilometer entfernt vom antiken Zentrum. Darüber befand sich ein Tempel, der eines spätantiken Tages in die Kammer gestürzt ist. Davon zeugen noch zwei Sandstein-Säulen und vor allem ein großer Sarkophag.

„Die unterirdische Grabkammer“, so stellt es der Förderverein im Netz dar, „würde auch in Rom etwas Besonderes sein.“ Der Besitzer und seine Familie, so heißt es weiter, „konnten sich fast jeden Luxus leisten und ihn auch zeigen.“ Geld habe offenbar keine Rolle gespielt. Denn es war den Römern wichtig, nach dem Tod nicht vergessen zu werden. Ein probates Mittel, um die „bona memoria“ zu fördern, also die gute Erinnerung, waren prunkvolle Grabstätten.

Die Investition des namenlosen Gutsbesitzers aus Weiden hat sich gelohnt: Wer heute ein ähnlich gut erhaltenes Grab am originalen Ort besichtigen will, muss schon bis nach Italien fahren. Der begehbare Raum wird dominiert von dem üppig dekorierten Wannensarkophag aus Carrara-Marmor, der sich einst in dem durch die Decke gebrochenen, ebenerdig angelegten Tempel befunden haben muss. Ein Meisterwerk, das wohl aus römischer Werkstatt stammt und auf den langen Weg ins antike Köln, in die Colonia Claudia Ara Agrippinensium geschickt worden ist. Der Sarkophag, wegen der Ausschmückungen auch Jahreszeiten-Sarkophag genannt, sollte einem Ehepaar als letzte Ruhestätte dienen. Doch womöglich war darin nur die Ehefrau bestattet worden, deren Porträt (das sie in der Tracht einer Ubierin zeigt) an der Seitenwand prangt; die Freifläche für das Porträt des Mannes ist zwar präpariert, aber nicht ausgestaltet worden. Zudem befinden sich in dem Raum Büsten, Liegen und zwei modische Korbstühle aus Kalkstein.

Die Ausstattung zeigt an, dass die Kammer nicht nur ein Ort für die Verstorbenen sein sollte. Hier versammelten sich gelegentlich die Verwandten und Bekannten, um ein rituelles Mahl einzunehmen. Das Bewusstsein, dass die Toten so tot dann doch nicht sind, muss in der römischen Antike ausgeprägt gewesen sein. Archäologe Horn meint: „In der römischen Antike war man aus der Großfamilie nicht entlassen, wenn man gestorben war.“

Nächster Halt: Weiden Römergrab

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Aus der Haltestelle „Weiden Schulstraße“ soll „Weiden Römergrab“ werden – wenn die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe mitspielen. Foto: Bücheratlas

Der Fuhrmann Ferdinand Sieger hat das Grab1843 bei Ausschachtungsarbeiten für ein Gebäude entdeckt. Durch Sieger – einer Legende nach war er da im Zustand leichter Trunkenheit – wurde der preußische Staat auf den Fund aufmerksam. Er erwarb das Gelände und veranlasste Freilegung und Sicherung der Grabkammer. Die Archäologen jener Jahre haben im Übrigen ihre Sache gut gemacht, heißt es, und der frühen Denkmalpflege alle Ehre bereitet.

Mit dem Schutzbau für die Grabkammer und einem danebenliegenden Wärterhaus wurde der namhafte Architekt und Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner (1802-1861) beauftragt. Der Schinkel-Schüler hat sich dieser vergleichsweise unspektakulären Aufgabe mit sichtlicher Begeisterung gewidmet. Der stimmungsvolle Schutzbau gleicht einer dreischiffigen Kapelle, die römische Muster und Mauerwerk zitiert und deren Feldbrandziegel in Handarbeit hergestellt worden waren. Und im kuscheligen Wärterhaus soll in Zukunft ein Informationszentrum Wesentliches über den Ort und die Jenseitsvorstellungen der Römer vermitteln, über Urnen und Sarkophage. Das ganze Ensemble steht unter Denkmalschutz. Ob es auch noch einen „Schulraum“ im Garten geben wird, hängt – wie so vieles – von der künftigen Spendenbereitschaft ab.

Es ist einiges in Bewegung gekommen. So hat die Bezirksvertretung Lindenthal den Antrag gestellt, die KVB-Haltestelle „Weiden Schulstraße“ an der Aachener Straße in „Weiden Römergrab“ umzubenennen. Die Umsetzung bedarf allerdings noch der Zustimmung von Stadtverwaltung, Rat und Verkehrsbetrieben.

Martin Oehlen

http://www.ksta.de

 

 

 

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