
Kugelschreiber am Grab von Albert Camus in Lourmarin Foto: Bücheratlas
Der „Espace Albert Camus“ ist ein Veranstaltungsort in Lourmarin. Immerhin. Ansonsten weist wenig in dem knuffigen Provence-Ort darauf hin, dass hier der Autor des Romans „L’Etranger“ gelebt hat. Ende der 50er Jahre hatte Camus das Haus in einer schmalen Gasse am Ortsrand gekauft, weit weg von Paris. Die Gebirgskette des Lubéron, die Stille, die Weite, das Licht haben Camus begeistert: „Ein Land, feierlich und herb – trotz seiner überwältigenden Schönheit.“
Von Lourmarin aus war Albert Camus mit dem Freund Michel Gallimard sowie dessen Frau und Tochter im Auto aufgebrochen, um nach Paris zu fahren. Unterwegs kam es am 4. Januar 1960 zu einem verheerenden Unfall: Camus war auf der Stelle tot, Gallimard, der am Steuer gesessen hatte, erlag fünf Tage später seinen Verletzungen. Das Foto vom zerschmetterten Fahrzeug, das sich um eine Platane windet, ist ein Bild des Grauens. In der Aktentasche, die Camus bei sich hatte, wurde das Manuskript zu „Der erste Mensch“ gefunden.Bis zuletzt hatte er in Lourmarin an diesem autobiografischen Kindheitsroman gearbeitet. Erst viele Jahre nach seinem Tod gab die Familie den Text frei zur Veröffentlichung.
Am Eingang des Friedhofs weist uns eine schlichte Skizze den Weg zum Grab. Wer Reiseführer-Hinweise liest, wie schön Albert Camus unter Rosmarin und seine Frau unter Lavendel begraben lägen, wird auf dem Friedhof überrascht sein. Verwildert sehen die beiden Gräber bei unserem Besuch aus. Aber womöglich wäre dem Schriftsteller diese natürliche Wildnis sogar ganz recht. Aus dem grünen Wildwuchs lugen zahlreiche Kugelschreiber hervor. Von Verehrern eingestochen in die Erde. Als könne der Autor diese noch gebrauchen. Als müsse für die Leser noch einiges aufgeschrieben werden.

Foto: Bücheratlas
In dem Haus, das er kurz vor seinem Tod erworben hatte, wohnt noch heute seine Tochter. Iris Radisch hat sie dort für ihre Camus-Biografie besucht und eine eher wortkarge Gesprächspartnerin angetroffen. Der Name der Straße ist nicht mehr der, den diese zu Lebzeiten des Schriftstellers trug. Die Umbenennung darf gutgeheißen werden: Rue Albert Camus.
Martin Oehlen
Albert Camus: „Der erste Mensch“, deutsch von Uli Aumüller, Rowohlt, 288 Seiten, 10 Euro.
Iris Radisch „Camus – Das Ideal der Einfachheit“, Rowohlt, 352 Seiten, 12,99 Euro.
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