Jubiläum ohne Hirschzungentrank: 20 Zeichnerinnen und Illustratorinnen widmen sich in der 20. Ausgabe von „Spring“ dem Thema „Togetherness“

„Better Together“ heißt die Geschichte von Birgit Weyhe. Foto: Mairisch/BA

Der „Frühling“ feiert sein Jubiläum im Sommer. Im Jahre 2004 wurde in Hamburg „Spring“ gegründet“, ein Zusammenschluss von Zeichnerinnen und Illustratorinnen. Seitdem erscheint jährlich ein dicker Band mit graphischen Geschichten rund um ein Thema. Nun liegt die 20. Edition unter dem Motto „Togetherness“ vor (übrigens ein Wort, auf das sich die Basketball-Weltmeister aus Deutschland vor ihren Spielen eingeschworen haben). Erneut ist es ein herrliches Potpourri der Temperamente, das auf diesmal 276 Seiten zu genießen ist.

Comicstrip und Bildergalerie

Das fängt schon damit an, dass Anne Vagt scheinbar keinen Zugang zum Thema findet und daher eine „Umfrage“ in ihrem Bekanntenkreis startet, was man sich dort unter „Togetherness“ vorstellt. So viel sei verraten: Die Story findet ein Happy End. So witzig Anne Vagt das Thema der Zusammengehörigkeit auseinanderfaltet, mit schnellem Strich und luftigem Ambiente, so variantenreich geht es danach weiter. Mal sind die Zeichnungen karg und mal ausgetüftelt, mal mit und mal ohne Worte, mal werden die Geschichten als Comic ausgebreitet und mal als Galerie, mal dominiert der Erzählwitz und mal die Bildpower.

„Togetherness“ hat viele Facetten. Birgit Weyhe kommt im Dialog mit Stift, Tusche und Radiergummi zu dem Ergebnis, dass es toll wäre, einer Comic-Gewerkschaft anzugehören. Maren Amini erzählt die herzwärmende, tröstlich-traurige Geschichte der Geschwister Peter und Käthe, die ein langes Leben lang zusammen waren. Schließlich kommt bei Kati Szilágyis Beitrag – mit stimmungsstarken Stadt-bei-Nacht-Motiven – der Eindruck auf, dass es ab und an ganz entspannend sein kann, nicht zusammen, sondern für sich zu sein.

„Denkt viel im Kreis und geht Hunderunden“

Julia Bernhard geht es mit ihren dunkelnasigen Figuren mal wieder erfrischend grundsätzlich an. Hatte sie sich im vorangegangenen Band der Tierquälerei bei Hunden gewidmet, geht es diesmal ums Klimakterium: „Wer hat Angst vor Maren Kroymann?“. Die Aufklärung  gelingt ihr ebenso locker fluffig wie informativ. Mitgeliefert wird ein kritischer Hinweis auf Simone de Beauvoir. Und die Empfehlung der Mutter, sich im Falle des Falles einen Hirschzungentrank nach einem Rezept von Hildegard von Bingen zu gönnen, findet auch keine Gnade.

Julia Bernhard fragt: „Wer hat Angst vor Maren Kroymann?“ Foto: Mairisch/BA

Noch mehr „Togetherness“ kommt von Ludmilla Bartscht, Larissa Bertonasco („liebt es, in Gemeinschaften zu arbeiten“, heißt es in den wie immer lesenswerten Angaben zur Person), Almuth Ertl (übt sich gerade im „Loslassen von hochgezogenen Schultern, von überflüssigen Dingen, von überkommenen Glaubenssätzen, von gescheiterten Projekten…“), Doris Freigofas, Line Hoven (sie „und ihr Baumarkt-Cutter gehen zusammen durch dicke und dünne Schabkartons“), Katharina Kulenkampff („würde gerne mal mit anderen zusammen Karaoke singen gehen“), Claire Lenkova („erfindet Rätsel und sich immer wieder neu“), Carolin Löbber, Ulli Lust (lehrt als Professorin für Illustration und Graphisches Erzählen an der Hochschule Hannover), marialuisa („denkt viel im Kreis und geht Hunderunden“), Sophia Martineck (ist „immer noch überrascht, dass in der Bahn keine Bücher mehr gelesen werden“), moki (bei ihr „handelt es sich um einen Holobionten“),  Nina Pagalies („Erfinderin des Wortwusels“), Katrin Stangl, Maria Luisa Witte und Stephanie Wunderlich.

Insgesamt sind es 20 Illustratorinnen, die die 20. Ausgabe zu einer würdigen Festschrift machen. Der „Togetherness“ sei Dank.

Martin Oehlen

Auf diesem Blog

haben wir schon einige „Spring“-Ausgaben vorgestellt: die Nummer 15 über Arbeit (HIER), die Nummer 17 über Gespenster (HIER) und die Nummer 19 über Scheitern (HIER).

„Spring #20 – Togetherness“, Mairisch Verlag, 276 Seiten, 26 Euro.

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