Margaret Atwood wäre gerne als Arktische Tundra gekommen: Kanadas Literaturstar spricht zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse über Systemrelevanz

Margaret Atwood winkt von Toronto nach Frankfurt. Screenshot: Bücheratlas

Das hätte ein Spektakel werden können! Margaret Atwood, Kanadas großer Literaturstar, verriet bei der Eröffnung der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, welche Extravaganzen ihr Land für den Auftritt im Jahre 2020 vorgesehen hatte. Live aus Toronto zugeschaltet zählte Atwood auf: „Stepptanzende Eisbären. Ahornsirup aus einem Brunnen, der aus Eis gehauen die Form der Rocky Mountains hat. Ein Chor aus Bibern mit Schlittschuhen und Hockeyschlägern.“ Sie selbst hatte geplant, sich mit Moos zu bedecken und Arktische Tundra zu spielen. Doch all das hat die Pandemie verhindert.

Nun findet die Buchmesse wieder mit Publikum statt. Kanada kann also endlich seinen Gastlandauftritt unter dem Titel „Singuläre Pluralität“ nachholen. Doch der ganz, ganz große Zirkus findet nicht statt. Also kein Eisbärenballet, kein Ahornsirupbrunnen und keine singenden Biber. Aber eine Margaret Atwood (unter anderem ausgezeichnet mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels), die in aller Kürze und mit Witz und Würde neugierig machte auf das kanadische Programm.

Starker Anstieg indigener Literatur

Als sie in den 1960er Jahren mit dem Schreiben begonnen habe, sagte die Schriftstellerin, gab es nur wenige Kolleginnen und Kollegen im Land. Ihnen allen habe man gesagt, sie sollten lieber ins Ausland gehen, weil mit Büchern nichts zu verdienen sei. Heute hingegen habe jede Provinz, jede Landschaft, jede Sprache und jede Gruppe ihre eigenen Künstlerinnen und Künstler. Gerade auch der Anstieg indigener Kunst sei immens.

Margaret Atwood („Die essbare Frau“, „Der Report der Magd“ und zuletzt „Die Zeuginnen“) hob hervor, dass in Büchern so vieles angesprochen werde. Selbstverständlich auch höchst Aktuelles wie die Klimakrise und die „politischen Destruktionsversuche“ der jüngsten Vergangenheit. Dass Bücher in Italien nach Ausbruch der Pandemie als „systemrelevant“ anerkannt worden seien, merkte sie alles andere als beiläufig an. Und ihrem Grußwort war zu entnehmen, warum sie das für richtig hält: „Wenn Sie ein Buch lesen, ist da eine Stimme, die zu Ihnen spricht, und egal, wie isoliert Sie sich fühlen, wissen Sie, dass Sie nicht alleine sind.“

Einen kanadischen Segenswunsch übermittelte die Schriftstellerin auch noch Richtung Frankfurt. Ein symbolisches Glas ins Bild hebend, sagte Margaret Atwood ganz ohne Moos: „Mögen Sie verschont bleiben von Bären, Moskitos und Menschen, die ihre Motorboote nicht beherrschen.“

Martin Oehlen

Zum Abschied von der Live-Übertragung hebt Margaret Atwood ein imaginäres Glas. Cheers! Screenshot: Bücheratlas

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