
Eine Kulisse, die sich Patti Smith schon seit langem für einen Konzert-Auftritt gewünscht hatte. Nun hatte sie ihn – den Kölner Dom im sommerlichen Abendsonnenlicht. Foto: Bücheratlas
Patti Smith schlug die Hände vors Gesicht, als sie 2016 bei der feierlichen Verleihung der Nobelpreise einen Blackout hatte. Den Klassiker „A Hard Rain’s a-Gonna Fall“, zu Ehren des abwesenden Literatur-Nobelpreisträgers Bob Dylan angestimmt, musste sie kurz unterbrechen. Ihr war der Text entfallen. Das sollte ihr danach nicht mehr passieren. Dylans düsteres Langgedicht, entstanden kurz vor der Kubakrise 1962, gehört zu ihrem Tour-Programm. Doch nimmt sie, wenn es an der Reihe ist, zur Sicherheit eine Abschrift zur Hand.
So auch jetzt wieder, Anfang August in Köln, bei einem furiosen Konzert auf dem Roncalli-Platz. Und was das für eine Version war! Kaum hatte Patti Smith die ersten Zeilen hinter sich gebracht, nahte überragende Unterstützung: Joan Baez. Die Künstlerin, die am darauffolgenden Tag am selben Ort auftreten sollte, schlenderte zum allgemeinen Entzücken auf die Bühne und dann Richtung Mikrofon.
Patti Smith bot ihr an, mit aufs Blatt zu gucken. Doch die Dylan-Vertraute der frühen Jahre lehnte lächelnd ab. Klar. Ihr ist die literarische Langstrecke von „Hard Rain“ vertraut. Schon 1965 hat sie den Song auf dem Album „Farewell Angelina“ gecovert, zwei Jahre, nachdem Dylan ihn auf „The Freewheelin‘ Bob Dylan“ veröffentlicht hatte.
Kurz vor Ende des Songs knüllt Patti Smith das Manuskript zusammen. Etwas mühsam ist das, weil der bandagierte Finger an der linken Hand plagt. Aber es klappt doch. Dann feuert sie die Papierkugel in die Menge und provoziert eine Art Hechtsprung eines fangbereiten Besuchers.
Ein magic moment war dieses Duett, das einige Minuten währte. Die beiden Künstlerinnen, jede eine Legende der populären Musik und des politischen Engagements, singen zusammen den Klassiker eines Künstlers, dem sie auf herausragende Weise verbunden waren und es offenkundig immer noch sind. Und sie machten es großartig. Ohne Pathos, aber mit Power. All das vor dem Kölner Dom. Gloria!
Martin Oehlen
Kennst du den neuen Bildband über Bob Dylan: https://meinkunstbuch.wordpress.com/2018/08/26/bob-dylan-ein-jahr-und-ein-tag/
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Guter Band, schöner Hinweis! Bei Robert Shelton ist nachzulesen, was für ein schwieriges Motiv Dylan auch für Kramer war. Dylan ließ sich höchst ungern beim Schreiben ablichten (und irgendwann musste Kramer dann das Königreich verlassen).
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