„Es genügt nicht, dass ich mich unter einen Fliederbaum stelle“: Noch ein Rundgang in Bildern über die 76. Frankfurter Buchmesse (2)

Das Gleiche nochmal anders

New Adult heißt die neue Verlockung. Die Literatur, die von jungen Fans verschlungen wird, ist auf der Frankfurter Buchmesse erstmals in einem eigenen Areal zu finden. In der Halle 1.2 geht es bunt zu. Das liegt nicht zuletzt am Buchschnitt, der in diesem Segment eine Kategorie für sich ist: Wellen, Sterne, Schlittschuhe, Zitronen etc. in allen Farben machen das jeweilige Exemplar rundum attraktiv. Was darin geschrieben steht, ist prinzipiell vorhersehbar. Da müssen Genres (Romantasy, Second Chance Romance, Dark College, Slow Burn und und und) sowie Subgenres bedient werden, die im Titel oder im Untertitel sofort zu identifizieren sind. Die Ähnlichkeit von Charakteren und Handlungsverläufen ist hier nicht Schwäche, sondern das erklärte Ziel. Für den nächsten Nobelpreis ist das wohl nichts. Aber die vielen Leserinnen und nicht so vielen Leser sind’s zufrieden. Und die mitwirkenden Verlage auch.  Fotos: Bücheratlas / M.Oe.

Wort für Wort

Oswald Egger ist ein literarischer Antipode zu dem Angebot der New-Adult-Szene. Für seine Dichtung, die „die Grenzen der Literaturproduktion“ erweitere, erhält er am 2. November den diesjährigen Büchnerpreis, die höchste deutsche Literaturauszeichnung. Seinen Suhrkamp-Band „Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt“, versehen mit Aquarellen des Künstlers, haben wir auf diesem Blog HIER vorgestellt. Nun war er im neuen „Zentrum Wort“ und dort im Gespräch mit dem Literaturwissenschaftler Christian Metz zu erleben. Ein Vergnügen erster Ordnung. Was den Umgang mit seiner Kunst angeht, ist Oswald Egger ziemlich entspannt: „Wem danach ist, kann meine Bücher irgendwo aufschlagen. Und wem nicht danach ist: sofort zuschlagen oder weiterblättern.“ Ja, man könne sogar, meinte er, einzelne Sätze mit dem Seziermesser herausschneiden und zu einem neuen Text zusammensetzen. Wie sein Werk vom Denken zum Dichten finde, wisse er nicht: „Es genügt jedenfalls nicht, dass ich mich unter einen Fliederbaum stelle oder einen Kometen betrachte.“ Es sei wohl dem Gehen vergleichbar. Wie man sich dabei Schritt für Schritt voran bewege, so beim Schreiben Wort für Wort.

Eine Bühne für 3sat

Die gemeinsame Literaturbühne von ARD, ZDF und 3Sat bietet im Halbstundentakt, zuweilen auch etwas länger oder kürzer, Gespräche mit Autorinnen und Autoren an. Martina Hefter war am Mittwochmorgen eine der ersten Gäste – auf dem für die Siegerin oder den Sieger des Deutschen Buchpreises reservierten Programmplatz; und sie wird am Sonntagnachmittag eine der letzten Befragten sein, eingeladen vor langer Zeit mit ihrem nunmehr preisgekrönten Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ (Klett-Cotta). Was die Überlegung, 3Sat mit Arte zu fusionieren, für die Zukunft der Literaturbühne bedeuten würde, ist nicht absehbar. Aber die Solidarität der Kulturszene mit dem Kultursender, das bezeugt eine Petitionsliste, ist gewiss.

Donald im Anflug

Prächtig gestaltete Bücher und kräftige Farben sind bei Taschen Trumpf. Da wundert es nicht, dass der Stand in der Halle 3.1 durchweg umlagert wird. Der Knüller der Saison ist für das Verlagshaus aus Köln (mit verlegerischen Links nach Italien und in die USA) ein monumentaler Band über Donald Duck. Die bekannteste Ente der Welt, die einst von Walt Disney entdeckt wurde, wird darin so intensiv wie noch nie gewürdigt. Im nächsten Monat kommt die deutsche Ausgabe heraus – die englische ist soeben erschienen. Herausgegeben wird das Schwergewicht von Daniel Kothenschulte. Und dann gibt es noch einen feinen bibliographischen Hinweis auf einen weiteren Unterstützer: „directed und produced by Benedikt Taschen“.

Zehn Tonnen eingespart

Die Aufforderung, sich zu entspannen, begegnet einem auf der Messe immerzu. Es sind keine heimeligen Orte, die dafür auserkoren sind. Aber die sollte man hier auch nicht erwarten. Zumal die Messeleitung zur Abfallreduzierung seit 2021 Jahr für Jahr weniger Teppich verlegt. Im Vergleich zum Vorjahr sind es diesmal 15.000 Quadratmeter weniger – was zehn Tonnen Abfall entspricht. Mittlerweile blickt man auf viel nackten Hallenboden. Aber was soll’s? Relax!

Martin Oehlen

Auf diesem Blog

haben wir bereits einen ersten Bilderrundgang über die aktuelle und 76. Frankfurter Buchmesse HIER präsentiert.

Artikel zur Jubiläumsausgabe der Buchmesse im vergangenen Jahr, gibt es zudem. Darunter ebenfalls ein Bilderreigen (HIER). Außerdem: „Die Vorsteherin bekennt ihre Verwirrung“ (HIER), „Alle Anschein-Waffen sind verboten“ (HIER) und Dostojewskis Schuld an der aktuellen Lage in Russland (HIER).

Oswald Eggers Band „Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt“ (Suhrkamp) haben wir HIER vorgestellt.

3 Gedanken zu “„Es genügt nicht, dass ich mich unter einen Fliederbaum stelle“: Noch ein Rundgang in Bildern über die 76. Frankfurter Buchmesse (2)

  1. Ich fragte mich gerade, ob die Buchcover mit Frauenbild issen abgelöst wurden durch gelbe Zitronen. Ich finde die Gestaltung ganz schön, was mich jedoch seit einiger Zeit verwundert ist das Uniforme. Man kann nicht mehr sagen, bitte geben sie mir das Buch mit den gelben Zitronen, weil plötzlich nahezu alle Bücher eines Genres dasselbe Cover haben

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