
Konzentration! Höchste Konzentration! Wir benötigen Bustickets von Seoul nach Sokcho am Japanischen Meer. Das die Koreaner übrigens Ostmeer nennen. Zwei Stunden soll die Fahrt dauern. Tickets, so steht es im Reiseführer, gibt es am Abfahrtsort, dem Express Bus Terminal in Seoul. Es gingen täglich viele Busse nach Sokcho, erklärt man uns im Hotel. Eine Platzreservierung sei nicht notwendig.
Wann geht es nach Sokcho?
Wir wollen auf Nummer sicher gehen und fahren bereits am Vortag zum Bus Terminal, um Plätze zu buchen. Eine weise Entscheidung. Die erste Schalterhalle erweist sich als die falsche, die richtige liegt in einem Nebengebäude. Dort bedeutet uns eine energische Dame, am nächsten Tag, einem Samstag, seien sämtliche Busse bis auf den um 18.30 Uhr ausgebucht. So spät wollen wir uns nicht auf die Reise machen. Was tun?
Wir wenden uns an den benachbarten Informationsschalter. Dort spricht niemand Englisch, die Übersetzungs-App verhilft uns schließlich zu den nötigen Informationen: kein Bus vor 18.30 Uhr. Also gehen wir zurück zum Schalter, um die Abendfahrt zu buchen – und bekommen Tickets für 14.30 Uhr. Glück gehabt.
Naver-App und T-Money-Card


Busfahren in Korea ist ein Vergnügen. Preiswert und bequem in der Stadt wie durchs Land. Die Naver-App, die man sich vorab auf das Handy laden sollte, erleichtert die Orientierung in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie sagt uns, wie wir von A nach B kommen. Während der Fahrt können wir unseren Weg als kleinen Leuchtpunkt auf dem Display verfolgen und wissen, wo wir aussteigen müssen.
Bezahlt wird ganz bequem mit der T-Money-Card, einer rosafarbenen Plastikkarte, die man am besten schon bei der Ankunft am Flughafen kauft und mit etlichen tausend südkoreanischen Won auflädt (1000 Won etwa 70 Cent).
Im Bus ein Einzelsitz mit Vorhang
Die Fernbusse sind so pünktlich, wie die deutsche Bahn es nie sein wird, die Reisenden sind angenehm schweigsam. Niemand lärmt, niemand spricht laut, erst recht nervt kein Handy. Allenfalls der ein oder andere Schnarcher ist schon kurz nach der Abfahrt zu hören. In dem meisten Bussen gibt es neben den üblichen Zweiersitzen auch Einzelsitze.
Zuweilen schirmt ein Vorhang, der bei jeder Kurve sachte mitschwingt, die Reisenden von den übrigen Passagieren ab, so dass sie sich bald allein in dem Gefährt wähnen. Kurze Pausen unterbrechen die Fahrt. Zeit für einen Kaffee oder Snack bleibt kaum, denn schon nach zehn, 15 Minuten geht es weiter.
Kaugummi an der Haltestelle


Wer auf eigene Faust durch Südkorea reist und die Sprache nicht spricht, der braucht Hilfe. Und die bekommt er ungefragt von diesen aufmerksamen, zurückhaltenden, nur beim Betreten der Metro zuweilen leicht ruppig wirkenden Menschen. Durchweg freundlich weisen sie uns den Weg zur richtigen U-Bahnlinie, springen herbei, als sich eine Sperrschranke nicht sofort öffnet, greifen ein, wenn uns im Restaurant eine Bestellung zu misslingen droht.
Nur selten fragt jemand, wo wir herkommen, obwohl westliche Touristen in der Minderzahl sind. Wortlos steckt uns ein Mann an einer Bushaltestelle in Gyeongju zwei Streifen Kaugummi zu. Ein anderer reißt nach einem Besuch im Weltkulturerbe Haeinsa eine Packung mit tiefgefrorenen Süßigkeiten auf und drückt uns zwei eiskalte Bällchen aus Kastanien-Mus in die Hand.
„Wenn sie tanzt“

So geht es immer weiter. Auf einem Mark stellt uns ein Händler stolz seine beiden Hunde vor, die Namen habe ich leider vergessen. In Daegu schließlich, in einer kleinen Bar mit nur wenigen Tischen, gibt uns der Wirt zwei Jägermeister aus. Den möge man auch in Korea, sagt er, dreht die Musikanlage auf, bis Max Giesingers „Wenn sie tanzt“ uns in den Ohren dröhnt, und bringt uns ein weiteres Wort auf Koreanisch bei: Geonbae. Prost!
Ein letztes noch: Trinkgeld ist in Südkorea kein Thema. Alles inklusive. Großartig.
Petra Pluwatsch
Auf diesem Blog
haben wir bereits vier Folgen unserer Südkorea-Impressionen veröffentlicht! Los ging es mit touristischen Highlights im Lande (HIER), dann widmeten wir uns dem etwas anderen Alltag (HIER) und dem Essen mit Schere und Schublade (HIER). Zuletzt begaben wir uns auf eine literarische Spurensuche (HIER).
Das klingt ja mit jedem Bericht verlockender. Erstaunlich, dass es so viele Länder gibt, die ein viel besseres öffentliches Verkehrsnetz haben als Deutschland.
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Eine tolle Nahverkehr-Erfahrung in Südkorea. Aber ich muss schon sagen: Die tagelange Hochzeitsfeier, die bei sinnlosreisen aufs Herrlichste geschildert wird, ist noch einmal eine ganz andere Verlockung! Großartiger Text (wieder einmal).
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Oh, Danke schön 🤭
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