
Sechzehn Pferdeköpfe liegen kreisförmig angeordnet im Ackerboden einer abgewirtschafteten Farm. Nur jeweils ein Auge schaut heraus. „Etwas Schwarzes, glänzend wie Plastik und mit einem schmutzig weißen, halbmondförmigen Rand.“ Die abgeschnittenen Schweife der Tiere sind zusammengebunden wie ein Bündel Stroh und komplettieren das bizarre Szenario. Wer tut so etwas?
Verlorene Seelen müssen ermitteln
Das fragt sich nicht nur Alec Nicols, der die polizeilichen Ermittlungen in Ilmarsh leitet. Und wo sind die Körper der getöteten Tiere? Für Nicols, einen Mann von Anfang 40 mit einer Vergangenheit, die ihn bis zu seinem Tod belasten wird, beginnt damit ein Fall jenseits des Vorstellbaren.
Ihm zur Seite steht die Veterinär-Forensikerin Cooper Allen, auch sie eine verlorene Seele, die bestens hineinpasst in dieses abgelegene Kaff irgendwo an der englischen Küste. Gemeinsam versuchen Nicols und Cooper, den gruseligen Fall zu lösen, der schon bald ein erstes menschliches Opfer fordert.
Büdchen ohne Zuckerwatte
Greg Buchanan, 1989 in Schottland geboren und Drehbuchautor von Videospielen, taucht mit seinem Debüt „Sechzehn Pferde“ in die Abgründe der menschlichen Seele. Er entwirft ein Szenario, wie es düsterer kaum sein könnte.
Ilmarsh ist eine sterbende Stadt, und ihre Bewohner gleichen Zombies, die erst allmählich begreifen, dass ihr Leben längst vorbei ist. In den vergammelten Hotels, die schon lange keine Touristen mehr gesehen haben, sind Sozialhilfeempfänger aus dem ganzen Land untergebracht. Der Pier ist verfallen, die Büdchen mit der bunten Zuckerwatte und den Luftballons sind geschlossen. In Ilmarsh ist alles möglich, sogar, dass ein durchgeknallter Killer ein gefährliches Bakterium freisetzt, um seine vermeintlichen Feinde zu bestrafen.
Cliffhanger sorgen für Spannung
Wer Kraft und genügend Geld hatte, der ist längst gegangen. Geblieben sind die vom Leben Versehrten, die, die nur auf den ersten Blick funktionieren, während es in ihrer Seele rabenschwarz aussieht.
Virtuos spielt Buchanan mit Andeutungen und vagen Verdächtigungen. Die zahlreichen Cliffhanger erzählen davon, dass der Autor Creative Writing studiert hat und weiß, wie man Spannung aufbaut. Ein ebenso eindrucksvolles wie verstörendes Debüt.
Petra Pluwatsch
Greg Buchanan: „Sechzehn Pferde“, dt. von Henning Ahrens, S. Fischer, 448 Seiten, 22 Euro. E-Book: 16,99 Euro.
