An Tagen wie diesen soll es etwas Besonderes sein. Das Buch, das wir zum Heiligabend 2021 vorstellen, ist reich an Festlichem. Auch kommt das Himmlische nicht zu kurz. Es ist demnach die perfekte Bühne für einen Gruß, der womöglich erwartbar, aber dennoch unverzichtbar ist.
Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten!
Ihre und Eure
Martin Oehlen und Petra Pluwatsch

Wie heißt der erste deutsche Meister? Wer jetzt den VfB Leipzig nennt, kennt sich im Fußball bestens aus, denn 1903 siegte die Mannschaft im ersten Finale um die Deutsche Fußballmeisterschaft gegen den Deutschen FC Prag mit 7:2. Doch nicht der Ballsport ist gemeint, sondern die Extraklasse in der Bildenden Kunst im Mittelalter. Stephanie Hauschild überreicht den Meisterpokal in dieser Kategorie an Stefan Lochner.
Geburt am Bodensee, Pesttod in Köln
Die Kunsthistorikerin aus Darmstadt tut dies, wenn wir ihr Vorwort richtig deuten, durchaus im Bewusstsein, dass solche Wertungen umstritten sind. Allerdings weist sie darauf hin, dass ihre Darstellung des großen Malers „einen breiten Leserkreis ansprechen möchte.“ Da hilft eine solcher Untertitel. Und er dient der guten Sache: Aufmerksamkeit hat der Band gewiss verdient.
Stefan Lochner wurde um 1400 in Hagnau geboren, erhielt wichtige Anregungen während eines Aufenthalts in den Niederlanden und ist erstmals im Jahre 1442 in Köln nachweisbar. Er starb – wie auch seine Ehefrau – im Jahre 1451, nachdem es in Köln einen Pestausbruch gegeben hatte. Die Lochners wohnten gleich neben einem eigens angelegten Pestfriedhof.
Kronzeuge Albrecht Dürer
Darüber hinaus wissen wir nur wenig Biographisches über den Künstler, der eine Inspirationsquelle für große Kollegen war – für Hans Memling, für Roger van der Weyden oder auch für den Meister der Heiligen Sippe, von dem man nicht einmal den Vornamen kennt. Dass uns Stefan Lochners Name bekannt ist, verdanken wir Albrecht Dürer. In sein Notizbuch hatte er im Jahre 1520 festgehalten, wieviele Weißpfennige er bezahlen musste, damit ihm ein Werk gezeigt wurde, das „Maister Steffan zu Cöln gemacht hat“.
Dabei handelte es sich um den „Altar der Stadtpatrone“, der einst in der Ratskapelle St. Maria in Jerusalem zu sehen war und sich heute in der Marienkapelle des Kölner Doms befindet. Neben der Heiligen Ursula (mit ihren Jungfrauen) und dem Heiligen Gereon (mit seiner Thebäischen Legion) sind dort im Zentrum Maria mit dem Jesuskind und den Heiligen drei Königen zu sehen. Nicht zuletzt ist Stephanie Hauschild daran interessiert, die Orte ausfindig zu machen, für die Lochner die Werke einst geschaffen hatten. Denn keines von ihnen befindet sich heute an seinem ursprünglichen Ort.

Ultramarin aus Afghanistan
Die Recherche wird als persönliche Entdeckungsreise geschildert. Mit einem Eisdielen-Besuch am Quatermarkt und mit Kälte im Dom: „Es riecht nach Weihrauch, der Atem der Besucher dampft.“ Erhellend sind die Erläuterungen zu den Motiven, den Auftraggebern und den Vorbildern. Auch die Werkstatt wird gewürdigt, die sich nur wenige Schritte entfernt vom Wallraf-Richartz-Museum unserer Tage befindet, wo einige seiner schönsten Werke ausgestellt sind.
Einiges zum Farbkosmos wird offenbart. Lochners Ultramarin, das damals nur aus Afghanistan bezogen werden konnte, ist ein Highlight auf seiner Palette. Nahezu ein Alleinstellungsmerkmal. Denn wenn’s ums Blau ging, entschieden sich die Kollegen zumeist für das weniger intensive, aber preisgünstigere Azurit.
Hirschkäfer an Akelei
Der größte Schatz dieses Bildbandes ist sein imposantes Bildmaterial. Zum einen ist die Druckqualität hervorragend. Zum anderen werden die Lochner-Werke im Großen und Ganzen wie auch anhand vieler „sprechender“ Details vorgestellt. Man meint ja leichthin, Stefan Lochners wichtigste Werke zu kennen – die „Stadtpatrone“, das „Weltgericht“, die „Muttergottes mit dem Veilchen“ und die „Muttergottes in der Rosenlaube“. Doch die Nahaufnahmen sind immer wieder ein Erlebnis: Der Hirschkäfer an Akelei, das Blattgoldgespinst an der Wand, der Seitenblick von einer der 11.000 Jungfrauen, die Fensterspiegelung auf einer Rüstung, die Erdbeerblätterspitzen auf einer Wiese.
Das ist eine Schau, eine Pracht, eine schöne Würdigung des Meisters Stefan Lochner.
Martin Oehlen
Stephanie Hauschild: „Stefan Lochner – Erster deutscher Meister“, Greven Verlag, 190 Seiten, 32 Euro.

Sehr geehrte Frau Pluwatsch, sehr geehrter Herr Oehlen,
auf FB habe ich lange Zeit Ihren Bücheratlas verfolgt und mit dem Daumenzeichen gewürdigt. Da ich nun schon länger nicht mehr auf FB verkehre, aber Ihren Bücheratlas nicht missen wollte, nun über den Weg des Newsletters. Aber da gibt es keine Daumen.
Aber doch möchte ich Ihnen auch so sagen, wie sehr ich Ihren Blog schätze und mich daran erfreue, vieles lerne Altes wie Neues.
Auch Ihnen ein friedvolles Weihnachtsfest!
Sybille Schütz
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Liebe Frau Schütz –
haben Sie vielen Dank für Ihre freundlichen Worte! So ein Lob tut immer gut. Uns bereitet die Beschäftigung mit Büchern großes Vergnügen – und das ist umso größe, wenn man dann auch noch ein solches Feedback erhält.
Wir wünschen auch Ihnen sehr schöne Feiertage – und, bitte, bleiben Sie uns gewogen.
Herzlich grüßend
Petra Pluwatsch und Martin Oehlen
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