
Rita Maiburg will hoch hinaus. Linienflugkapitänin will sie werden. Die großen Passagiermaschinen fliegen. Als erste Frau bei der Deutschen Lufthansa. Als erste Frau auf der ganzen Welt. Doch die junge Pilotin scheitert an den Realitäten des Jahres 1974. Weibliche Flugzeugführer kämen „aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zum Einsatz“, teilt ihr die Fluggesellschaft in einem knappen Schreiben mit. Man wünsche ihr für ihren weiteren Lebensweg alles Gute.
Physis und Physik
Ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen, den Rita Maiburg nicht hinnehmen will. Sie klagt. Und verliert. Klagt erneut. Verliert ein zweites Mal. Frauen, argumentieren die Juristen des Flugunternehmens vor Gericht, seien während ihrer Menstruation nicht einsatzfähig, sprich: aufgrund biologischer Gegebenheiten nicht in der Lage, große Passagierflugzeuge zu fliegen. Ganz zu schweigen von ihrem wenig ausgeprägten „mathematischen und physikalischen Verständnis“.
Ein Witz? Beileibe nicht. Christine Drews, bislang bekannt als Autorin von Krimis und Familienromanen, hat in ihrem jüngsten Buch „Freiflug“ einen realen Fall aus den 1970er Jahren aufgegriffen, der knapp 50 Jahre später so aberwitzig anmutet, dass man nicht einmal darüber lachen kann.
Passagieren wird Pilotin verschwiegen
Rita Maiburg, eine ausgebildete Pilotin, 1952 in Bonn als Tochter eines Architektenehepaares geboren, ging 1976 vor Gericht erfolglos gegen die Deutsche Lufthansa und die Bundesrepublik Deutschland vor. Die Weigerung des Flugunternehmens, sie als Pilotin einzustellen, verstoße gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf Gleichberechtigung. Ihren Traum vom Fliegen verwirklichte die 24-Jährige schließlich bei einer regionalen Fluggesellschaft: Die Deutsche Luftverkehrsgesellschaft stellte sie als weltweit erste Kapitänin im regulären Liniendienst ein. Einziger Wermutstropfen: Den Fluggästen wurde verschwiegen, dass eine Frau am Steuerknüppel saß. Man wolle Passagiere mit Flugangst nicht zusätzlich beunruhigen, so die Begründung des Unternehmens. Ein Witz? Beileibe nicht.
Christine Drews stieß, wie sie im Nachwort ihres Romans schreibt, durch Zufall auf das Schicksal der Rita Maiburg (der in Köln am Flugplatz Butzweiler Hof eine Straße gewidmet ist). Sie habe den Fall zum Anlass genommen, tief einzutauchen in die Geschichte der Emanzipation. „Es erschütterte mich, wie es um die Rechte der Frau in den 1970er Jahren bestellt war.“
Bizarre Rechtslage in den 1970ern
Deren Kampf um berufliche Anerkennung spiegelt sich im Werdegang ihrer zweiten – fiktiven – Protagonistin. Die Kölner Rechtsanwältin Katharina Berner ist Rita Maiburgs Verteidigerin vor Gericht und muss sich mit den Vorurteilen von Kollegen und Klienten auseinandersetzen. Auch in ihrer Familie stoßen ihre Ambitionen weitgehend auf Unverständnis. Der Vater verweigert ihr seine finanzielle Unterstützung, Schwester und Schwägerin haben sich für die traditionelle Frauenrolle als Ehefrau und Mutter entschieden.
Christine Drews hat aus all dem einen faktenreichen und gut recherchierten Roman gemacht. Man erhält einen umfangreichen Einblick in die Lebenswirklichkeit von Frauen in den 1970er Jahren, deren Kampf um gesellschaftliche Anerkennung und juristische Gleichbehandlung gerade erst begonnen hat. Noch ist es ein Skandal, wenn eine Politikerin im Deutschen Bundestag eine Rede im Hosenanzug statt im Kostüm hält. Noch darf eine Frau nur dann eine Arbeit annehmen, wenn sie darüber nicht den Haushalt vernachlässigt. Und noch kann der Mann seine „eheliches Recht“ mit Gewalt einfordern, ohne dafür wegen Vergewaltigung belangt zu werden. Ein zeitgeschichtlicher Rückblick also, der stellenweise gruseln macht und im Dienst der guten Sache über die ein oder andere stilistische Holprigkeit hinwegsehen lässt.
Petra Pluwatsch
Christine Drews: „Freiflug“, DuMont, 352 Seiten, 20 Euro. E-Book: 9,99 Euro.

Also ich muss sagen, das Buch ist erschreckend hingeschlurt. Ich bin erschrocken, wie dies ein Lektor durchgehen lassen kann. Es ist eine sprachliche Katastrophe, die ich unzumutbar finde für eine Leserin oder Leser. Ich arbeitete selber u.a. als Lektor und Programmberater für einen internationalen Verlag, dieses Buch wäre bei mir in der Tonne gelandet.
Alles Gute
The Fab Four of Cley
🙂 🙂 🙂 🙂
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Vielen Dank für den Kommentar zum „Freiflug“! Auf die eine oder andere „stilistische Holprigkeit“ haben wir ja – wie sicher gesehen – hingewiesen. Aber das Zeitbild ist doch bemerkenswert – finden wir. Herzliche Grüße an die Fab Four of Cley vom Bücheratlas
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Wenn der Stil nicht stimmt, gar geschlurt ist, ist dem Inhalt nicht zu trauen. Form ist Inhalt.
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