
Wie wir den Roman finden? Nun, in der in Deutschland üblichen Gebärdensprache steht die linke Gebärde für ein „o“ und die rechte für ein „k“. Aber in Wahrheit müssten wir vor diese beiden Buchstaben noch ein „sehr“ platzieren. Fotos: Bücheratlas
Ein nicht behinderter Mensch schreibt über einen behinderten Menschen. Kann ordentlich schiefgehen. Tut es im Fall von Emma Viskic aber nicht. 2016 bekam die australische Krimiautorin für ihren Debütroman „No Sound – Die Stille des Todes“ gleich mehrere Preise. Jetzt ist der Thriller um den gehörlosen Ermittler Caleb Zelic in deutscher Übersetzung erschienen. Und rechtfertigt jedes einzelne Lob, das Emma Viskic bereits eingeheimst hat.
Zur Story: Senior Constable Gary Marsden wird ermordet, nachdem Caleb den Freund gebeten hatte, ihn bei einer Ermittlung zu unterstützten. Caleb soll eine Einbruchsserie in Lagerhallen aufklären – auf den ersten Blick kein großes Ding, aber offensichtlich ist er mit seinen Ermittlungen jemandem gehörig auf die Füße getreten. Gary war der erste, der den Preis dafür bezahlen musste. Bald geraten auch Caleb, seine Kollegin Frankie und Ex-Frau Kat ins Visier des Killers.
Calebs Vorteil: Er hat im Alter von fünf Jahren sein Gehör verloren und ist zweisprachig aufgewachsen. Er beherrscht sowohl die Gebärden- als auch die Lautsprache. Zudem kann er hervorragend von den Lippen ablesen, ein Talent, das er den ersten fünf Jahren seines Lebens verdankt, die er als Hörender verbrachte. Er versteht zwar nicht jedes Wort, aber genug, um diesen Fall aufzuklären.
Emma Viskic hat eigens die Gebärdensprache gelernt, um ihren Protagonisten so authentisch wie möglich darzustellen. Das ist ihr hervorragend gelungen. Mehr noch: Einfühlsam schildert sie die verzweifelten Versuche Calebs, sein Handicap zu verbergen und als Hörender durchzugehen. Ein Krimi mit Tiefgang und der Auftakt zu einer bis dato dreibändigen Reihe, die hoffentlich schon bald zur Gänze ins Deutsche übersetzt wird.
Petra Pluwatsch
Emma Viskic: „No Sound – Die Stille des Todes“, dt. von Ulrike Brauns, Piper, 288 Seiten, 15 Euro. E-Book: 12,99 Euro.