Brechts „Galilei“ mit fabelhafter Wertsteigerung auf der Art Cologne

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Die Art Cologne im April 2019 Foto: Bücheratlas

Wer gelegentlich den Eindruck hat, er müsste sich mal von ein paar Büchern trennen, um Platz für neue zu schaffen, sollte sich dies mehrmals überlegen. Aus Prinzip. Aus Sentimentalität. Aus Solidarität mit den langjährigen Begleitern. Auch weiß man nicht, wann man ausgerechnet dieses eine Buch dann doch noch einmal aufschlagen wird. Und für alle, denen diese und ähnliche Argumente schnuppe sind, gibt es jetzt einen Hinweis darauf, wie ein altes Möhrchen neu – äh – erstrahlen kann. Auf der Art Cologne 2019 am Stand der Klosterfelde Edition.

Aber nicht nur ein Buch wird da auf einen Sockel gestellt, sondern es erfährt obendrein eine wunderbare Preissteigerung. Gut, der Künstler Fiete Stolte hat daran einen sehr, sehr großen Anteil. Denn hätte er nicht Bertolt Brechts „Das Leben des Galilei“ in eine Vitrine (21 x 16 x 135 Zentimeter) gesteckt, wäre das mit der Preissteigerung  nicht so toll geworden. Nun werden zwei unterschiedliche DDR-Ausgaben des „Galilei“ zum Preis von 5000 Euro netto angeboten. Mit allem Drum und Dran der Mehrwertsteuer kommt man am Ende auf 5950 Euro. Im Buchhandel der DDR wurde ein Band aus der Universal-Bibliothek des Reclam-Verlags (Leipzig)  für eine Mark angeboten. Aber das ist ja auch schon eine Weile her.

Die Installation „Books“ ist bildende Kunst mit der literarischen Kunst. Ein Potpourri der Interpretationen tut sich da auf. Die zuständige Galerie verweist sehr schön darauf, dass die Ausgaben „ineinander geblättert sind, der Anfang der einen Ausgabe mit dem Ende der anderen.“ So entstehe „eine unendliche Fassung der Geschichte, und die Bücher sind wie leidenschaftlich miteinander verwoben.“

Aber weil sich jeder denken darf, was er mag, wenn er eine solche Installation betrachtet, so nehmen wir „Books“ vor allem als Feier des Buches. Hier in der Sonderkategorie: Ehret das Taschenbuch, also jene Variante, die vergleichsweise billig daherkommt. Der Künstler selbst – Stolte, nicht Brecht – wird sich seine ganz eigenen und ganz anderen Gedanken gemacht haben. Er hat auch die Acht-Tage-Woche erfunden. Aber das ist eine andere Geschichte.

Martin Oehlen

Hinweis: In einer früheren Fassung dieses Beitrags konnte noch nicht auf die Hinweise  der Galerie zurückgegriffen werden. So wurde in der früheren Fassung noch offen gelassen, ob es sich um ein oder – wie nun bestätigt – zwei Taschenbücher handelt.

 

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