Elf Wege der Erinnerung durch Köln: „Auf der Spur der Stolpersteine“ erscheint in der Schriftenreihe des NS-DOK

Die Geschwister Hans, Lilli und Elsie Berg in Köln zu Zeiten der Weimarer Republik. Als die Nationalsozialisten an der Macht sind, bringt sich Hans 1937 um. Elsie wird am 25. Januar 1943 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet, einen Monat vor ihrem 20. Geburtstag. Lilli und ihre Mutter Friederike Berg werden am 15. April 1945 von britischen Truppen aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit. Friederike Berg stirbt wenige Tage später an Entkräftung. Foto: NS-DOK Köln / Gedenkbuch der Königin-Luise-Schule, Köln

Tatsächlich ist es ein wenig unangenehm, auf diesem Blog einen Beitrag in eigener Sache zu veröffentlichen. Aber es geht ja nicht um mich, sondern um das Thema. Also gut: Mein Buch „Auf der Spur der Stolpersteine – Elf Wege der Erinnerung durch Köln“ ist soeben im Metropol Verlag in Berlin veröffentlicht worden. Es erscheint in der Schriftenreihe des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Dort werde ich ihn am kommenden Donnerstag im Gespräch mit Birte Klarzyk, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Hauses, vorstellen. Die genauen Angaben dazu gibt es am Ende dieses Beitrags.

Henning Borggräfe, der Direktor des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, hat freundlicherweise ein Geleitwort zu dem Buch beigesteuert. Darüber habe ich mich selbstverständlich sehr gefreut. Aus diesem Geleitwort möchte ich für alle, die an dem Thema, dem Buch und/oder an der Buchpräsentation interessiert sind, einige Absätze zitieren. Außerdem zeigen wir aus der Fülle der Fotografien, die Ibrahim Basalamah vom NS-DOK für dieses Buch zusammengestellt hat, einige Motive. (P.P.)

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„Die Stadt mit anderen Augen sehen“

– Auszüge aus dem Geleitwort von Henning Borggräfe –  

Die Stolpersteine gehören längst zum Kölner Stadtbild – und sind zugleich ein wichtiges Element unserer lokalen Erinnerungskultur. Sie markieren Orte, an denen Menschen lebten, die unter nationalsozialistischer Herrschaft zwischen 1933 und 1945 entrechtet, verfolgt, inhaftiert, zur Flucht getrieben und in vielen Fällen ermordet wurden. Jeder Stein erinnert an ein individuelles Schicksal und ist zugleich ein Zeichen gegen das Vergessen. (…)

Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln koordiniert seit vielen Jahren die Verlegung der Stolpersteine in dieser Stadt. Es plant die Verlegungen in Zusammenarbeit mit Gunter Demnig und seinem Team und dem städtischen Bauhof, vermittelt Pat:innen für die Finanzierung von Steinen, führt Kontakte mit Familienangehörigen, recherchiert historische Hintergründe, informiert die Anwohner:innen und verzeichnet alle verlegten Stolpersteine im Kölner Stadtgebiet in einer Datenbank. Es ist dem NS-DOK ein wichtiges Anliegen, diese Erinnerungszeichen nicht nur mit zu schaffen, sondern die hinter den Steinen stehenden Geschichten durch Recherchen, Bildungsangebote und Öffentliche Vermittlungsarbeit möglichst breit zugänglich zu machen.

Elsa Waller und ihr Sohn Bernhard im Jahr 1924, vermutlich fotografiert von Ferdinand Waller, der in Köln einen Lebensmittelgroßhandel betrieb. Die Eheleute werden 1942 in der Vernichtungsstätte Kulmhof/Chelmno umgebracht. Bernhard Waller hatte sich 1939 nach Chile retten können. Foto: NS DOK Köln, N 3622,3

Petra Pluwatsch, die Autorin dieses Buches, engagiert sich ehrenamtlich im NS-DOK. Mit großer Sorgfalt, journalistischem Feingefühl und menschlicher Nähe recherchiert sie Biografien von NS-Verfolgten und fasst sie für Anwohner:innen-Informationen und die Publikation im Internet zusammen. Ihre Mitarbeit ist für das Stolpersteine-Projekt des NS-DOK von unschätzbarem Wert. Bereits 2023 hat sie mit einem eindrucksvollen Buch Lebensgeschichten hinter einzelnen Kölner Stolpersteinen sichtbar gemacht.

Mit dem nun vorliegenden Buch „Auf der Spur der Stolpersteine – Elf Wege der Erinnerung durch Köln“ widmet sich Petra Pluwatsch erneut diesem wichtigen Thema. Sie lädt uns dazu ein, Köln zu durchstreifen und die Stadt mit anderen Augen zu sehen: zu Fuß, auf Spurensuche, mit offenem Blick für das, was war – und für das, was fehlt. Denn die Wege führen nicht nur zu Stolpersteinen, sie führen uns auch vor Augen, wo Menschen gewaltsam ihrem Umfeld entrissen wurden, wo sie und ihre Familien in der heutigen Stadtgesellschaft fehlen.

Julius Simons, „der letzte Rabbiner von Deutz“, mit Ehefrau Veronika und den Kindern Hermann, Kurt, Ernst, Martha und Ruth (von rechts). Die Eheleute sterben im Februar 1944 in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau. Zwei Jahre zuvor war dort schon ihr Sohn Hermann ermordet worden. Die übrigen Kinder überleben den Holocaust. Allerdings stirbt Kurt, der mehrere Konzentrationslager überstanden hatte, im August 1945 in Köln bei einem Verkehrsunfall. Foto: NS-DOK Köln, N 2906,2

Mit einer Vielzahl an biografischen Miniaturen vermittelt das Buch dabei ebenso eindrucksvoll wie bedrückend die zentrale Stellung der Judenverfolgung und des Holocaust innerhalb der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik. Immer wieder bringt es aber auch andere Menschen in Erinnerung, die als politische Gegner:innen, als Sinti:zze und Rom:nja, als Homosexuelle, als ausländische Zwangsarbeiter:innen oder als Opfer der sogenannten Krankenmorde den Terror des NS-Regimes erleiden mussten.Die allermeisten der in diesem Buch abgebildeten Fotografien stammen, ebenso wie viele Informationen, auf denen die biografischen Beschreibungen basieren, aus dem Privatbesitz von Familienangehörigen der Verfolgten. Es ist alles andere als selbstverständlich, die persönlichen Dokumente und Bilder öffentlich zugänglich zu machen. Ich danke den Familien für ihre Bereitschaft und auch für das große Vertrauen, diese Erinnerungsstücke der Sammlung des NS-Dokumentationszentrums zur Verfügung zu stellen.

Dieses Buch ist weit mehr als ein Stadtführer. Es ist ein Beitrag zu einer lebendigen Erinnerungskultur – offen, zugänglich und nah an den Menschen. (…)

Erich Klibansky – hier 1936 am Fenster stehend – leitete 13 Jahre das jüdische Privatgymnasium Jawne. Er organisierte 1939 vier Kindertransporte von Köln nach Großbritannien und rettete damit etwa 130 Schülerinnen und Schülern der Jawne das Leben. Er selbst, seine Ehefrau Meta und die Söhne Hans Raffael, Alexander und Michael wurden 1942 im Ghetto Minsk ermordet. Foto: NS-DOK Köln, Sammlung Corbach, Bp C 161

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Auf diesem Blog

haben wir den Band „Verfolgt und nicht vergessen – Geschichten hinter den Stolpersteinen“, der 2023 im Metropol Verlag erschienen ist, HIER angekündigt.

Die Buchpremiere

Petra Pluwatsch stellt den neuen Band „Auf der Spur der Stolpersteine“ im Gespräch mit Birte Klarzyk im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Appellhofplatz 23-25, 50667 Köln) vor.

Termin: 16. Oktober um 18 Uhr. Eintritt: 4,50 Euro, ermäßigt 2 Euro.

Karten wie diese eröffnen jedes Kapitel im Buch. Foto: Bücheratlas

Die elf Wege durch Köln

Sie führen durch die Altstadt von der Schildergasse bis zu Obenmarspforten (1), durch die Innenstadt von der Breite Straße bis zur Benesisstraße (2), rund um den Griechenmarkt vom Mauritiussteinweg zum Mauritiuswall (3), um die Synagoge in der Roonstraße vom Hohenstaufenring zur Jülicher Straße (4), durchs Belgische Viertel von der Venloer Straße zur Aachener Straße (5), durchs Agnesviertel von der Straße Am Zuckerberg zur Wörthstraße (6), rund um den Volksgarten von der Hardefuststraße zur Elsaßstraße (7), auf und um die Luxemburger Straße von der Einhardstraße zum Sülzgürtel (8), auf und um die Dürener Straße von der Nietzschestraße zur Aachener Straße (9), nach Ehrenfeld und Neu-Ehrenfeld von der Subbelrather Straße zur Ottostraße (10) und schließlich nach Deutz von der Kasemattenstraße zur Wahner Straße (11).

Petra Pluwatsch: „Auf der Spur der Stolpersteine – Elf Wege der Erinnerung durch Köln“, mit einem Geleitwort von Henning Borggräfe, Metropol Verlag, 318 Seiten, 24 Euro.

7 Gedanken zu “Elf Wege der Erinnerung durch Köln: „Auf der Spur der Stolpersteine“ erscheint in der Schriftenreihe des NS-DOK

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