Licht aus am Haubrich-Hof in Köln: Direktorin Hannelore Vogt nimmt Abschied von der Stadtbibliothek – Zentrale schließt für Generalsanierung – Fest zum Finale

Hannelore Vogt Foto: Bücheratlas/M.Oe.

Das bietet der Sonntag um 18 Uhr am Josef-Haubrich-Hof in Köln: Abschiedsszenen in der Kölner Stadtbibliothek. Zum einen schließt die Kölner Institution an diesem Ort, weil die Generalsanierung des Gebäudes fällig ist. Zum anderen verlässt Hannelore Vogt, die seit 16 Jahren amtierende Direktorin, das Haus. Sie tritt in den sogenannten Ruhestand – was selbstverständlich eine alberne Formulierung ist für die Zeit, die mit einer gewissen Altersgrenze verbunden wird. Bei einer Abschiedsfeier in dieser Woche stellte sie sich den besonderen Moment schon einmal vor: „Wenn ich um 18 Uhr den Schlüssel umdrehe und das Licht ausschalte, werden schon ein paar Tränen fließen.“

„Nach den Sternen greifen“

Ein Motto von Nelson Mandela, das sie bei einschlägigen Ansprachen gerne zitiert, lautet: „It always seems impossible until it’s done“. Die deutsche Übersetzung in der Kurzfassung: Nur Mut! Oder in den Worten von Hannelore Vogt: „Nach den Sternen greifen und auch scheinbar Unmögliches wagen.“ Eine solche Einstellung ist gewiss hilfreich, um erfolgreich zu sein. Hannelore Vogt selbst kann dies bezeugen.

Zahlreich sind die Auszeichnungen, die sie als Bibliothekarin gesammelt hat. So wurde die von ihr geleitete Stadtbücherei Würzburg – nicht weit entfernt von Marktbreit, ihrem bayerischen Geburtsort – im Jahr 2003 zur „Bibliothek des Jahres“ gewählt. Damals, also in ferner Vorzeit, wurde das „interaktive Webangebot“ hervorgehoben, das deutschlandweit führend sei – unter anderem mit einem Online-Kontoservice und SMS-Benachrichtigungen für die Leserinnen und Leser.

In der Mitte der Stadt

Im Jahre 2015 ging der Titel dann an die Stadtbibliothek Köln, deren Leitung Hannelore Vogt 2008 übernommen hatte. Diesmal wurden Mut, unkonventionelle Denkansätze und innovative Entwicklungen gepriesen. Mit allerlei Initiativen – vom „Makerspace“ bis zum MINT-Festival – ging es darum, die Stadtbibliothek Köln neu zu denken: Sie ist selbstredend nicht mehr nur der Ort, an dem Bücher gelesen und ausgeliehen werden, sondern längst schon ein Wissens- und Kommunikationszentrum in der Mitte der Stadt.

Da wird die Bibliothek zum „dritten Ort“ – neben den eigenen vier Wänden und dem Arbeitsplatz. Die durchschnittlich rund 2,5 Millionen Besucherinnen und Besucher im Jahr lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass dieser Ansatz Früchte trägt.

Zweisprachige Hinweise in der Zentralbibliothek der Stadtbibliothek Köln Foto: Bücheratlas/M.Oe.

Aufbruch ins Interim

Nun steht die Stadtbibliothek vor einer neuen Herausforderung. Nicht nur bedarf sie einer neuen Direktion. Auch wird ihre Zentralbibliothek am Josef-Haubrich-Hof grundlegend saniert – nicht bei laufendem Betrieb, wie zunächst vorgesehen, sondern mit einem Interim in der Hohe Straße.

Die unselige Überlegung, die Stadtbibliothek zu verzwergen und dauerhaft in diesem Ausweichquartier zu belassen, ist glücklicherweise vom Tisch. Sie wird – Stand heute – im Jahre 2028 wieder an den angestammten Platz zurückkehren, wo sie die Infrastruktur positiv beeinflusst, die ansonsten vom tristen Drogenkonsum geprägt wird. In der Zwischenzeit geht der Betrieb ab Herbst weiter in der Hohe Straße 68-82.

„Erst einmal weg“

Und Hannelore Vogt? Einen Rückzug auf die Wohnzimmercouch wird es für sie nicht geben. Nur einen Wechsel der Prioritäten. So will sie sich dem Studium der Künstlichen Intelligenz widmen und überdies Niederländisch lernen. Kölsch muss sie hingegen nicht mehr studieren – die fränkische Version der lokalen Mundart beherrscht sie mittlerweile.

Doch zunächst einmal geht es in die Ferne. Hannelore Vogt hat als Referentin – unter anderem für Goethe und Gates, also für das deutsche Auslandsinstitut und die us-amerikanische Foundation – schon alle Kontinente kennengelernt. Da weiß sie, welche Attraktionen der Globus zu bieten hat. Sie ist jetzt „erst einmal weg“. Nicht auf dem Jakobsweg, sondern auf Weltreise.

Martin Oehlen

Zweitägiges Abschiedsfest

Am Samstag und Sonntag bietet die Stadtbibliothek Köln zahlreiche Veranstaltungen, um sich vom Josef-Haubrich-Hof für die Zeit der Generalsanierung zu verabschieden. All das bei freiem Eintritt.

Am Samstag, an dem es besonders üppig zugeht, stehen unter anderem zwei literarische Veranstaltungen auf dem Programm, die wir hervorheben wollen. Um 11.30 Uhr gibt es eine Lesung aus dem „Jungen Buch für die Stadt“: „Kamfu mir helfen“ (Kunstmann) ist die Geschichte des Elefanten mit dem Rüsselknick und dem daraus resultierenden Sprachproblem, die sich Dirk und Barbara Schmidt ausgedacht haben. Um 16 Uhr folgt eine szenische Lesung von Axel Gottschick aus Heinrich Bölls Erzählung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, die vor 50 Jahren veröffentlicht wurde; die Veranstaltung findet vor dem rekonstruierten Arbeitszimmer des Nobelpreisträgers statt und wird eingeleitet von Gabriele Ewenz (Leiterin des Heinrich-Böll-Archivs) und Markus Schäfer (Heinrich Böll Stiftung Berlin).

Das Finale am Sonntag sieht dann so aus: MINT-Workshop von 14 Uhr bis 17 Uhr; die „Vorlesezeit“ für Kinder ab 3 Jahren beginnt um 14 Uhr; Johannes Stankowski und Band spielen um 15 Uhr. Schließlich wird um 16 Uhr „Von Büchern und ihren Orten“ gehandelt: es ist eine Reise zu jüdischen Bibliotheken mit Ursula Reuter, der Leiterin der Germania Judaica, und Constanze Baumgart. Die Germania Judaica, die Kölner Bibliothek zur Geschichte des Deutschen Judentums, bietet unter dem Titel „Von Büchern und ihren Orten“ auch einen eigenen Blog an.

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