Von der goldenen Hand bis zu Han Kang: Ein Rundgang in Bildern über die 76. Frankfurter Buchmesse (1)

Italien im Tempel

Italien ist Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse – wie zuvor schon einmal im Jahre 1988, als diese Schwerpunkt-Reihe eröffnet wurde. Da könnte man ja reichlich Lebensfreude erwarten. Doch der Pavillon, in dem sich das Literaturland unter dem Motto „Verwurzelt in der Zukunft“ präsentiert, wirkt eher wie eine Trauerhalle. Umgeben von einer Säulengalerie ragt im Zentrum eine goldene Hand empor, die für Offenheit stehen soll, aber doch nur wie ein Kultobjekt im Tempel anmutet. Dazu ist das Licht im Saal derart gedimmt, dass höchste Konzentration gefordert ist, um auf den Stufen nicht zu Fall zukommen. Ob bei diesem unfrohen Auftritt die Regierung Giorgia Meloni ihre Hand im Spiel hatte? Fotos: Bücheratlas / M.Oe.

Reize der Unsympathischsten

Am Stand der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wird in einem immerwährendem Gesprächsreigen die aktuelle deutschsprachige Literatur aufbereitet. Gleich am ersten Tag ist auch Martina Hefter dabei, die am Montag für ihren Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ den Deutschen Buchpreis erhalten hat. Da war’s richtig voll. Aber auch bei David Wagner (links) waren alle Hocker besetzt. Was wir von diesem Auftritt mitnehmen, ist eine Lebensregel aus dem Roman „Verkin“. Wer sich in einer Gesellschaft wiederfinde, in der man niemanden kenne, heißt es darin, möge sich der unsympathischsten Person zuwenden: „Von ihr wirst du wahrscheinlich am meisten lernen.“ Moderator Patrick Bahners empfahl diesen Rat insbesondere für die Messetage.

Südkorea im Aufwind

Han Kang ist nicht vor Ort. Die Schriftstellerin zieht vermutlich eine Tasse Tee in Seoul vor. Immerhin zeigen einige Plakate an, wie stolz Südkorea auf seine frisch gekürte Literaturnobelpreisträgerin ist. Han Kang ist überhaupt die erste Person aus Südkorea, der diese Ehre zuteilwird. „Ein Meilenstein“, wie es heißt. Und schon wird in dicken Lettern die Frage gestellt: „Who’s next from Korean Literature?“ Südkorea sucht den nächsten Nobelpreisträger für Literatur.

Gabo so präsent wie einst

Gabriel García Márquez hat den Nobelpreis im Jahre 1982 erhalten. Nun erinnerte ein Podium an den kolumbianischen Meister des „realismo magico“, der vor zehn Jahren gestorben ist. Da sprachen „drei Bogotaner“, wie der Journalist Hernán Caro (Mitte) feststellte, über den karibischen Autor. Gleich fügte er an, dass Gabriel García Márquez heute noch so präsent sei wie ehedem. Dass unterscheide ihn von anderen Größen wie Norman Mailer, Milan Kundera oder – „sorry for that“ – Günter Grass. Sein Meisterwerk „Hundert Jahre Einsamkeit“ (1967) habe einen neuen Zugang zu Lateinamerika ermöglicht, sagte Pilar Reyes, die Literaturchefin von Random House in Spanien (links, rechts sitzt Antonio Ungar). Zuvor sei das Bild allein geprägt gewesen von Gewalt und Ausbeutung. Mit dem Roman „Cien años de soledad“ seien Glück und Vitalität hinzugefügt worden. Die zentrale Empfehlung des Podiums: Gabo lesen.

Krisen und Wünsche

Auch diesmal bleibt das literarische Welttreffen nicht unberührt von Krieg und Klimakrise, Rechtsradikalismus und Antisemitismus. Nicht zuletzt wächst die Sorge um die Standfestigkeit der Demokratie. Damit befassen sich Bücher wie Debatten auf dem Messegelände. Das Motto der 76. Frankfurter Buchmesse ist auf dem Foto zu lesen: „FBM24 is Read!ng – Read. Reflect. Relate.“ Dass Lesen die Welt zum Besseren verändere, ist der frommste aller frommen Wünsche auf der Buchmesse.

Martin Oehlen

Ein zweiter Bilderrundgang folgt.

Auf diesem Blog

haben wir auch in der Vergangenheit über die Frankfurter Buchmesse berichtet – zuletzt über die Jubiläumsschau von 2023. Darunter auch ein Bilderreigen (HIER). Außerdem: „Die Vorsteherin bekennt ihre Verwirrung“ (HIER), „Alle Anschein-Waffen sind verboten“ (HIER) und Dostojewskis Schuld an der aktuellen Lage in Russland (HIER).

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