Eine Ente wie Du und ich: Donald Duck in einer monumentalen Würdigung des Taschen-Verlags

Szenen eines Entenlebens Foto: Disney / Taschen Verlag

Es begab sich an einem Freitag, an dem die berühmteste Ente des Planeten aus dem Ei kroch. Und selbstverständlich war es Freitag, der 13. So jedenfalls besagt es die Legende, die Walt Disney im Jahre 1940 augenzwinkernd in Umlauf gebracht hat. Schon ein Jahr später griff Theodor Seuss Geisel zur – nun ja – Feder und schilderte die Geburtsstunde etwas detaillierter: „Es war das lauteste Quaken, das mächtigste Quaken, das ohrenbetäubendste Quaken, das je gequakt wurde!“ Die Eierschale sei in hundert Millionen Stücke zerplatzt. Dann ging die Sonne auf: „Donald Duck stieg aus den Trümmern und in die Welt.“

Goldspeicher wird geöffnet

In Wahrheit erhob das Federvieh erstmals seinen Schnabel am 9. Juni 1934. Da war Donald in dem Kurzfilm „The Wise Little Hen“ (Die kleine kluge Ente) zu sehen. Die Karriere als Zeitungscomic folgte an einem Sonntag im September 1934, das erste Donald-Duck-Heft kam 1935 heraus. Was damals und was danach mit der Ente aller Enten geschah, lässt sich nun in einem monumentalen Taschen-Band entdecken, den Daniel Kothenschulte herausgegeben hat und zu dem die Autoren David Gerstein und J. B. Kaufman zahlreiche Beiträge beigesteuert haben. Ein weiterer Credit wird im Buch  aufgeführt: „Directed und produced by Benedikt Taschen“.

„Donald Duck – Die ultimative Chronik“ erzählt in Wort und vor allem in Bild die sagenhafte Karriere des Donald Duck. Was für ein Goldspeicher hier geöffnet wird, mag allein schon daran ersichtlich sein, dass von der Vielzahl der Illustrationen und Fotos rund 300 bislang unveröffentlicht gewesen sind. Klar, dass dies nur möglich war, weil das Disney-Archiv das Buchprojekt unterstützte.   

Auf diesem „Model Sheet“ hat Don Towsley zu Papier gebracht, wie Donald Duck aussehen sollte. Foto: Disney / Taschen Verlag

Michelangelos David und Disneys Donald

Der Erpel, dem regelmäßig der Matrosenkragen platzt, ist ein Mensch wie Du und ich. Carl Barks, der legendäre Donald-Zeichner und Donald-Autor, hat es in diese Worte gefasst: „Donald ist alles, er ist jeder. Er macht die gleichen Fehler, die wir alle machen.“ Als wäre er eine Samuel-Beckett-Figur: „Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.“ Kurzum: Weiter, immer weiter! Im Vorwort führt Daniel Kothenschulte aus: „So wie uns die großen Renaissancekünstler Bildnisse der Vollkommenheit in Menschengestalt hinterließen, Michelangelos David oder die Venus von Botticelli, verkörpert Donald Duck, kaum weniger vollkommen, unser aller Unvollkommenheit. Die Menschlichkeit seines Scheiterns, die sich gern in nur allzu berechtigten Wutausbrüchen artikuliert, inspiriert bis heute Zeichner und Publikum gleichermaßen.“

Wer eine Neigung zur Kulturgeschichte des Comics hat, wird an dieser Hommage schwerlich vorbeikommen. Nicht nur blättert man mit heiterer Miene durch alle Phasen des donaldinischen Daseins. Auch faszinieren die Dokumente, die einen Einblick in die Disney-Werkstatt ermöglichen, in hohem Maße. Beim Betrachten dieser Entwürfe wird deutlich, wie akribisch die Zeichner vorgegangen sind. Da wurde auf den Millimeter genau festgelegt, welche Augenposition zu welcher Stimmungslage gehört und in welchem Größenverhältnis die Figuren zueinanderstehen.

Donald Duck am Schneidetisch, im Moment der Verärgerung und in frühen Jahren Fotos: Disney / Taschen

Beatles oder Rolling Stones

Zu sehen sind unter anderem noch nie gezeigte Storyboard-Zeichnungen des „Duck Man“ Carl Barks. Aber auch viele weitere Comic-Schöpfer werden gewürdigt – darunter Al Taliaferro, Jack Hannah, Jack Kinney und Fred Spencer. „Dieser heute nur wenigen bekannte Animator“, schreibt Daniel Kothenschulte über Fred Spencer, „gab 1936 Donalds Design den entscheidenden Schliff, dem Jahr seiner ersten Hauptrolle im Cartoon Donald und Pluto‘.“

Micky Maus, die andere Überfigur im Disney-Universum, ist bereits im Taschen-Verlag gewürdigt worden. Nun also Donald Duck. Für wen das Herz heftiger schlägt, ist eine Frage wie die zwischen Beatles und Rolling Stones. Verleger Benedikt Taschen selbst scheint die Antwort recht früh gefunden zu haben. Der gülden schimmernde Türknauf zu seinem Kölner Verlag, den er gemeinsam mit Tochter Marlene Taschen leitet, ist einem Donald-Duck-Kopf nachgebildet. Entenhausen ist überall.

Martin Oehlen

Das nächste „Booksigning“  

mit Herausgeber Daniel Kothenschulte und Disney-Comic-Zeichner Ulrich Schröder findet im Berliner Taschen-Store in der Schlüterstraße 39 statt – am Freitag, 7. März 2025, von 17 bis 18 Uhr.

„Donald Duck – Die ultimative Chronik“, hrsg. von Daniel Kothenschulte und mit Beiträgen von David Gerstein und J. B. Kaufman, dt. von Matthias Wieland, Marco Mewes, Petra Frese und Daniel Kothenschulte, Taschen Verlag, 564 Seiten, 175 Euro.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..