Ein Jahr nach dem Raubzug im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln: Objekte aus kaiserlichem Kontext nur noch als Fotografien an der Wand

Die Wand der Verluste im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln Foto: Bücheratlas / M. Oe.

Es ist still geworden um den Einbruch im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln. Vor einem Jahr, in der Nacht zum 13. September 2023, drangen Diebe in das Gebäude am Aachener Weiher ein. Im ersten Moment war der öffentliche Aufschrei groß. Auch weil das Gebäude offenbar nicht so gesichert war, wie man es sich gewünscht hätte – nicht einmal nach zwei vorangegangenen, allerdings misslungenen Diebstahlsversuchen im Januar und Juni 2023. Doch mittlerweile ist in der Öffentlichkeit kaum noch die Rede vom Verlust der Objekte. Allein die Besucherinnen und Besucher, die sich in diesem auf seinem Gebiet in NRW einzigartigen und in Deutschland herausragenden Spezialmuseum umsehen, können den Verlust kaum übersehen.

An einer Wand gegen Ende des Rundgangs, wo einst das Mobiliar eines Gelehrten-Zimmers aus China zu sehen war, hängen Fotos der geraubten Objekte an der Wand. Zudem wird auf einem Bildschirm in Endlosschleife über den Verlust informiert, nicht zuletzt von der Direktorin selbst. Shao-Lan Hertel wurde mit diesem musealen Debakel gleich zu Beginn ihrer Amtszeit konfrontiert. Immerhin – der offensive Umgang mit dem Schmerz und der Peinlichkeit ist zu loben. Allein ändert das nichts an der Lücke im Bestand, die gerissen wurde.  

Museumsdirektorin Shao-Lan Hertel gibt Auskunft. Foto: Bücheratlas / M. Oe.

Teller für Kaiser und Konkubinen

Gestohlen wurden neun chinesische Porzellanobjekte aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Sie alle stammen, wie es heißt, „aus kaiserlichem Kontext“. Zu jener Zeit habe das kaiserliche Porzellan „eine technische und stilistische Hochblüte“ erlebt. Auf dem Markt der Diebe sind solche Einzelstücke eine Kostbarkeit.

Darunter befindet sich ein Lotustopf aus der Qing-Dynastie (Qianlong-Periode, 1736-95) in Gelb (für die Erde) und Blau (für den Himmel) – „zusammen repräsentieren sie das Yin-Yang-Prinzip“. Weiter ein Teller aus der Ming-Dynastie (Zhengde-Periode, 1506-21) ganz in Gelb – „nur Mitglieder der Kaiserfamilie durften gelbe Kleidung tragen und gelb-glasiertes Porzellan verwenden.“ Andere Nutzer gab es für die Drachenschale aus der Qing-Dynastie (Kangxi-Periode, 1662-1722) – „Geschirr mit auberginefarbenen Drachen auf grünem Grund wurde laut Palastregularien von den Konkubinen fünften Ranges (guiren) verwendet.“ Dann noch der Drachentopf aus der Ming-Dynastie (Jiajing-Periode, 1521-67) – auf ihm jagt der Drache „statt eines flammenden Juwels den Pilz der Langlebigkeit“.

Der Doucai-Topf aus der Ming-Dynastie (Jiajing-Periode, 1521-1567) steht vor der Wand der Verluste. Die darauf abgebildeten Goldfische, so sagt es der Mythos, verheißen Glück und Reichtum. Foto: Bücheratlas / M. Oe.

Kunstwerke mit „ikonischem Charakter“

Die Verantwortlichen in Köln sprechen den Kunstwerken einen jeweils „ikonischen Charakter“ zu. Doch geht es auch um einen ideellen Wert für das Museum: „Fast alle der geraubten Objekte zählten zum Gründungsbestand, den das Ehepaar Adolf und Frieda Fischer zwischen 1906 und 1911 in China erwarb; sie sind entsprechend mit der Identität des Hauses fundamental verwachsen.“ Auch zählt eine Schenkung des Fördererkreises des Museums zum Raubgut.

Gibt es Hoffnung? Die Juwelen, die aus dem Grünen Gewölbe in Dresden entwendet wurden, sind aufgespürt worden und können jetzt, fünf Jahre später, wieder besichtigt werden. Allerdings ist nicht gewiss, ob der Fahndungsdruck im Kölner Fall so hoch ist wie der in Dresden. Gleichwohl macht sich das Museum für Ostasiatische Kunst Mut: „Da die gestohlenen Objekte sehr gut dokumentiert und daher eindeutig identifizierbar sind, ist zu hoffen, dass sie irgendwann ihren Weg in die Sammlung zurückfinden.“

Martin Oehlen

Auf diesem Blog

haben wir schon einige Male über das Museum für Ostasiatische Kunst in Köln (Universitätsstraße 100, unmittelbar am Aachener Weiher). Zuletzt war dies der Fall anlässlich der Neustrukturierung der Japan-Präsentation – und zwar HIER.

Museum für Ostasiatische Kunst

in Köln, Universitätsstraße 100, unmittelbar am Aachener Weiher.

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