Es ist 1989 – das Jahr, in dem im Hillsborough Stadion im englischen Sheffield bei einem Fußballspiel 96 Menschen zu Tode kommen. 1989 – das Jahr, in dem die Berliner Mauer fällt. Das Jahr auch, in dem die Journalistin Allie Burns in einen ordentlichen Schlamassel gerät und ihren Job bei einem englischen „Revolverblatt“ hinwirft.

An der Grenze der Belastbarkeit

„1989 – Wahrheit oder Tod“ ist der zweite Teil einer ambitionierten und zeitgeschichtlich hochinteressanten Krimireihe von Val McDermid. Geplant sind fünf Bände, in denen die schottische Bestsellerautorin ihre toughe Protagonistin bis in das Jahr 2019 begleiten will. Vor zwei Jahren startete die Reihe mit „1979 – Jägerin und Gejagte“ – so der Titel der 2022 erschienenen deutschen Übersetzung.

Allie Burns lebt mit ihrer Lebensgefährtin in Manchester und arbeitet für den Zeitungsmogul Ace Lockhart, einen skrupellosen Großkapitalisten mit Allmachtsfantasien. Ihre Einsätze – Flugzeugabstürze und Katastrophen wie das Hillsborough-Drama – bringen die Mittdreißigerin zunehmend an die Grenze ihrer psychischen Belastbarkeit. Zeit, als investigative Journalistin zu arbeiten, bleibt kaum. Dennoch beginnt sie, einen möglichen Skandal zu recherchieren.

Test eines Aids-Medikaments

Eine englische Firma lässt angeblich in der DDR ein potenziell gefährliches Aids-Medikament testen, etliche der Probanden sollen bereits gestorben sein. Schon bald überschlagen sich die Ereignisse: Es gibt eine angebliche Entführung, Ace Lockharts Vitaminpillen werden mit Gift versetzt, Allie Burns landet im Stasi-Knast und, und, und.

Val McDermid, die in der Reihe ihre eigenen oft traumatischen Erfahrungen als Reporterin verarbeitet, hat viel hineingepackt in diesen zweiten Band, und man muss sich ranhalten, um kein Detail und keine Wendung zu verpassen. „1989“ ist jedoch nicht nur ein vielschichtiger und rasant erzählter Krimi. Das gründlich recherchierte Buch ist vor allem eine Zeitreise in eine Welt, in der eine HIV-Infektion einem Todesurteil gleichkommt und Deutschland durch eine gigantische Mauer (und zwei unterschiedliche Ideologien) in Ost und West geteilt ist. In den Zeitungsredaktionen haben die Kerle mit der größten Klappe das Sagen. Die beginnende Digitalisierung kostet die ersten Arbeitsplätze, und Frauen wie Allie Burns brauchen viel Mut und Chuzpe, um sich im Arbeitsalltag zu behaupten.

Petra Pluwatsch

Auf diesem Blog

haben wir einen Beitrag über Val McDermids 30. Kriminalroman veröffentlicht: „Der Sinn des Todes“ (HIER).

Val McDermid: „1989 – Wahrheit oder Tod“, dt. von Kirsten Reimers, Knaur, 464 Seiten, 14, 99 Euro. E-Book: 9,99 Euro.