Hakan Nesser lässt Inspektor Barbarotti vom Ruhestand träumen: „Eines jungen Mannes Reise in die Nacht“ könnte sein letzter Fall sein – schade wär‘s

Das erste Opfer ist ein Sportlehrer, das zweite ein Fitnesstrainer – was verbindet die beiden Männer? Foto: Bücheratlas / M. Oe.

Im Jahr 2006 ermittelte Gunnar Barbarotti zum ersten Mal in einem Mordfall: „Mensch ohne Hund“ (so der deutsche Titel, der 2007 erschienen ist). Seitdem haben der schwedische Polizeiinspektor und seine Partnerin Eva Backmann sieben weitere Fälle gelöst – und Barbarotti steht kurz vor der Rente. Längst hat er genug von psychopathischen Mördern und den immer gleichen Geschichten über verkorkste Kindheiten und toxische, sprich: tödlich endende Beziehungen. Gunnar Barbarotti träumt von einem beschaulichen Lebensabend auf Gotland.

Nur diesen einen Fall wolle er noch lösen, erklärt er seiner skeptischen Lebensgefährtin. Dann höre er auf. Er habe sich bereits nach Häusern auf Gotland umgesehen. Es gebe das eines im Fardumevägen. „Du weißt schon, zwischen Valleviken und der alten Schule von Rute.“ So könnte „Eines jungen Mannes Reise in die Nacht“ durchaus der letzte Band von Hakan Nessers erfolgreicher Gunnar-Barbarotti-Reihe sein. Es sei denn, der umtriebige Mordermittler und sein Autor überlegen es sich anders.

Blick in die Abgründe

In seinem aktuellen Fall sieht sich Barbarotti erneut mit den Abgründen der menschlichen Seele konfrontiert. Ein Sportlehrer ist ermordet wurden. Drei Schüsse in die Brust, abgefeuert aus nächster Nähe, und ein harter Aufschlag mit dem Schädel auf einer gusseisernen Schuhablage. Das überlebt nicht einmal Allan Fremling, der im Kollegenkreis als „harter Hund“ gilt.

Bald darauf ist ein zweiter Mann tot. Auch Birger Leonard Svensson, ein 29 Jahre alter Fitnesstrainer, wurde erschossen. Die Tatwaffe ist dieselbe. Was also verbindet diese beiden Männer? Wer hasste sie so sehr, dass er ihr Leben auslöschen wollte? Oder waren es Zufallstaten, begangen von einem Täter, der wahllos mordet?

Schikanen unter Schülern

Während Barbarotti und seine Partnerin noch im Dunkeln tappen, wissen die Leserinnen und Leser längst, was Sache ist. Denn Hakan Nesser hat zu einem bewährten Trick gegriffen: Er schildert die Vorgeschichte der beiden Morde aus der Sicht des Täters. Der junge Mann – mehr wollen wir an dieser Stelle nicht über ihn verraten – ist selbst ein Opfer von Willkür und den Schikanen brutaler Mitschüler. Nun ist er auf einem Rachefeldzug, der noch lange nicht zu Ende ist.

Ein feiner, psychologisch überzeugender Kriminalroman – und hoffentlich nicht der letzte Band dieser spannenden Reihe!

Petra Pluwatsch

Hakan Nesser: „Eines jungen Mannes Reise in die Nacht“, dt. von Paul Berf, btb, 352 Seiten, 25 Euro. E-Book: 19,99 Euro.

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