Reporterin Vera und die Frau im Wald: Sara Strömbergs souveränes Krimi-Debüt „Im Unterholz“

Foto: Bücheratlas / M.Oe.

Viel los ist nicht im schwedischen Järpen, einem Nest nahe der Grenze zu Norwegen. Umso mehr ist die kleine Gemeinde erschüttert, als in der abgelegenen Gegend eine weibliche Leiche gefunden wird. Isabella Sandgren ist erdrosselt worden. Die alleinstehende Frau, Anfang 40 und Mutter einer kleinen Tochter, lebte zurückgezogen in einem alten Haus im Wald. In der Nachbarschaft ließ sie sich nur selten blicken. Brot habe sie gebacken und an die örtliche Bäckerei verkauft, erfährt die Journalistin Vera Bergström, als sie im Auftrag der „Jämtslandsposten“ für eine Hintergrundstory über den Mordfall recherchiert.

Raus aus der Lethargie

Vera, Mitte 50, geschieden und Aushilfslehrerin an der örtlichen Schule, hat ein Vierteljahrhundert für die regionale Tageszeitung gearbeitet. Dann wurde die Außenredaktion in Järpen aus wirtschaftlichen Gründen dichtgemacht, und die Vollblutjournalistin verlor nicht nur ihre Stelle, sondern auch ihren Lebensmut. Vera trinkt zu viel und isst zu wenig. Zu ihren Freundinnen ist sie nach einem verpatzten Mallorca-Urlaub auf Abstand gegangen. Auch die Trennung von Ehemann Levan, der sie mit einer Jüngeren betrog, ist noch nicht verdaut. „Die Affäre ging schon ein paar Jahre. Damals war ein Teil von mir gestorben.“

Doch der Auftrag ihres ehemaligen Chefs, über den Mord im Wald zu berichten, weckt sie endlich, endlich aus ihrer Lethargie. Da ist er wieder, der Reporterinstinkt der Vera Bergström.

Der Nachfolgeband liegt schon bereit

„Im Unterholz“ ist der erste Band einer Krimireihe von Sara Strömberg. In Schweden wurde der Roman 2021 zum besten Debüt des Jahres gekürt. Der Nachfolgeband, der noch nicht auf Deutsch vorliegt, bekam das Prädikat „Bester Krimi des Jahres“. Sara Strömberg ist eine versierte Erzählerin, die die gängigen Praktiken des modernen Kriminalromans – Cliffhanger, Rückblicke namenloser Erzählerinnen und Erzähler, mehrere Erzählstränge – bestens beherrscht. Allein die spannende Geschichte um ein Mordopfer, das einst selbst zur Täterin wurde, ist die Lektüre wert.

Darüber hinaus liefert sie das liebevoll gezeichnete Porträt einer Frau, die ohne ihr Zutun vom Leben aus der Bahn geworfen wurde. Doch Vera Bergström kommt wieder auf die Füße, nicht zuletzt dank ihrer Story über Isabella Sandgren und deren Vergangenheit. So darf man gespannt sein auf den zweiten Band der Reihe, der hoffentlich bald in deutscher Übersetzung erscheint.

Petra Pluwatsch

Sara Strömberg: „Im Unterholz“, dt. von Leena Flegler, Blanvalet, 432 Seiten, 16 Euro. E-Book: 12,99 Euro.

  

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..