Hermann Hesses Bilder hängen schief: Das Museum in Montagnola, das dem Schriftsteller gewidmet ist, demonstriert für die Umwelt

Hermann Hesses Malkasten Foto: Bücheratlas / M.Oe.

Loriot muss es diesmal nicht richten. Zwar hängt das Aquarell „Fabrik“ von Hermann Hesse (1877-1962) schief an der Museumwand. Doch das soll so sein. Das Kunstwerk muss nicht geradegerückt werden – was im ikonischen Sketch zur Quasi-Zerstörung der Innenreinrichtung führte. Tatsächlich sind es drei Bilder in der Dauerausstellung des Museo Hermann Hesse Montagnola, die leicht ver-rückt sind. Aus aktuellem Anlass.

Vom Atlantik bis zum Attersee

Das Literaturmuseum greift damit eine Idee des Leopold-Museum in Wien auf. Unter dem Motto „A few degrees more (will turn the world into an uncomfortable place)“ wird auf die Klimakrise aufmerksam gemacht. Zum einen geht es selbstredend um die Sache selbst: ein paar Grad mehr kann wohl der Planet, aber nicht der auf erträgliche Lebensumstände erpichte Mensch verkraften. Zum anderen ist es der Versuch, den Bilderstürmern der „Letzten Generation“, die bereits in zahlreichen Museen Kunstwerke malträtiert haben, mit einer eigenen Demonstration zu begegnen bzw. entgegenzukommen. Sozusagen proaktiv.

Im Wiener Museumsquartier wurden 15 Landschaftsgemälde in die Schieflage gebracht. Um etwa die drei Grad, um die die Durchschnittstemperatur steigen könnte. Die ausgewählten Motive reichten vom Atlantik bis zum Attersee. Derart einladend, wie die Regionen auf den Bildern anmuten, würden sie in einer weiter erhitzten Atmosphäre nicht mehr sein.

Schief hängt das Aquarell „Fabrik“ umgeben von weiteren Werken Hermann Hesses. Foto: Büccheratlas / M.Oe.

„Ohne Tomaten und Starkkleber“

Man wolle „ohne Tomaten und Starkkleber“ auf die drastischen Folgen der Erderwärmung aufmerksam machen, heißt es jetzt in der Rü Curta 2, wo sich das Museo Hermann Hesse im schweizerischen Montagnola befindet. Das Publikum solle für den Schutz dessen sensibilisiert werden, was der Künstler so geschätzt habe: „die Natur und die intakte Umwelt im Tessin, die möglichst auch unserer Nachwelt erhalten bleiben sollten.“   

Hermann Hesse ist allenthalben als Schriftsteller bekannt, als Autor von „Der Steppenwolf“ und „Narziss und Goldmund“. Für sein Werk hat er 1946 den Literaturnobelpreis erhalten. Aber auch als Aquarellmaler und Zeichner ist er hervorgetreten. Sein bildnerisches Werk ist geprägt von Harmonie. Dazu stellte Matthias Frehner einst anlässlich einer Ausstellung im Kunstmuseum Bern fest: „Hesses Malerei verkörpert wohl genau diesen Zustand harmonischen Daseins, der für den Dichter im realen Leben wie auch für die Protagonisten seiner Dichtung so schmerzlich unerreichbar war.“

Hermann Hesse flaniert mit Othmar Schoeck durch Italien Foto: Bücheratlas / M.Oe.

Nun hängen zwei dieser Werke schräg an der Wand. Beim dritten Exemplum handelt es sich um eine Fotografie. Diese zeigt den Künstler gemeinsam mit seinem Freund, dem Komponisten Othmar Schoeck (1886-1957), als sie im Jahre 1911 Seit‘ an Seit‘ durch die italienische Landschaft ziehen. Es ist durchaus anzunehmen, dass Hermann Hesse mit dieser musealen Demonstration für die Umwelt einverstanden gewesen wäre.

Martin Oehlen

Das Museo Hermann Hesse

im schweizerischen Montagnola, gleich neben einem ehemaligen Wohnsitz des Künstlers, ist von März bis Oktober täglich geöffnet von 10.30 Uhr bis 17.30 Uhr, von November bis Februar nur am Samstag und Sonntag.  

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