
Rikke hat eine Affäre. Seit Monaten schleicht sie heimlich die Treppe hoch zu ihrem Nachbarn Jorgen, der mit Frau und Tochter in der Wohnung über ihr wohnt. Doch jetzt ist Jorgen tot. Jemand hat dem Journalisten die Kehle durchgeschnitten – und Rikke setzt alles daran, damit Ehemann Asmund nichts von ihrem Fehltritt erfährt.
„Die Affäre“, ein mehr als 500 Seiten dicker Wälzer, ist nach „Die Psychologin“ (2022) der zweite Kriminalroman der norwegischen Psychologin und Autorin Helene Flood.
Raus aus dem Hamsterrad
Ich-Erzählerin Rikke ist aus Neugierde in die Geschichte mit dem attraktiven Journalisten hineingerutscht. Die zweifache Mutter ist seit ihrer Schulzeit mit Asmund zusammen. Inzwischen ist sie Ende 30 und erwartet nicht mehr viel vom Leben. Arbeiten, Kinder großziehen, Wohnung abzahlen und irgendwann hinein ins Seniorenheim.
Die Treffen mit Jorgen finden jenseits dieses „Hamsterrades“ statt. „Er hat die Fähigkeit, die Zeit aufzuheben, mich aus dem herauszuholen, was mir wie eine unvermeidliche Progression vorkommt. Wir treffen uns jenseits all dessen.“ Und wer, rechtfertigt sich Rikke, „kann der Möglichkeit widerstehen, die Zeit aufzuheben?“.
Misstrauen im Vierparteienhaus
Doch nun ist Jorgen ermordet worden, und als Täter oder Täterin kommt allein jemand aus der Nachbarschaft infrage. Schon bald geht das Misstrauen um in dem Vierparteienhaus mit den schicken Eigentumswohnungen. Gab es da nicht diesen Streit während eines gemeinsamen Wochenendausflugs der Männer? Wurde schon damals das Saatkorn gelegt für die böse Tat viele Monate später? Und was hat es mit den toten Katzen auf sich, die überall im Viertel gefunden werden?
Mit einem guten Gespür für die Komplexität des menschlichen Miteinanders schildert Helene Flood die Auswirkungen des Verbrechens auf die Hausgemeinschaft und speziell auf Rikke. Sie bezahlt teuer für ihre kleinen Fluchten in die Nachbarwohnung. Ein gut gemachter, spannender Krimi, der bis zum Schluss psychologisch überzeugt.
Petra Pluwatsch
Helene Flood: „Die Affäre“, dt. von Ursel Allenstein, btb, 508 Seiten, 16 Euro. E-Book: 13,99 Euro.
